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#WirMachenAuf: Querdenker riskieren ihre Gewerbeerlaubnis & 5 Jahre Haft

von | Jan 3, 2021 | Aktuelles

Querdenker fantasieren Aufstand – das dürfte teuer werden

#WirMachenAuf? Zum Ende des letzten Jahres geriet die extremistische Bewegung Querdenken in große Bedrängnis. Nicht nur begann bereits die Beobachtung durch den Verfassungsschutz (mehr dazu), weil man u.a. mit beobachteten Rechtsextremisten zusammengearbeitet hat (mehr dazu), die Bewegung selbst strebte inzwischen buchstäblich selbst die Abschaffung der Verfassung an (mehr dazu). Umso mehr sorgte ein, zur Abwechslung vernünftiger Aufruf von Querdenken-Gründer Ballweg, einen kurzen, aber harten Lockdown durchzuführen, für Verwirrung:

Querdenken-Chef Ballweg gibt Volksverpetzer Recht & fordert harten Lockdown

Der wohl nicht so ganz ernst gemeinte Vorschlag (zumindest nahm keiner der Anhänger:innen ihn ernst) war wohl nur ein Versuch, mit neuen Meldungen für Aufmerksamkeit zu sorgen. Doch der genau gegenteilige Vorschlag erfreut sich jetzt wenige Tage später viel größerer Beliebtheit bei den Verschwörungsideolog:innen.

Jetzt träumen sie mit #Wirmachenauf vom Pseudo-Aufstand – und machen sich wohl strafbar

Jetzt haben einige andere Pandemie-Leugner:innen rund um Querdenken, aber auch einige rechtsextremistische Gruppierungen, die Idee für den nächsten Pseudo-Aktionismus gefunden, der es sogar in die Twitter-Trends geschafft hat. Man wolle die „Corona-Diktatur“ beenden, indem man … shoppen geht. Kein Scherz: Mit dem Hashtag #WirMachenAuf wird dazu aufgerufen, dass Unternehmer:innen sich einfach selbstermächtigt über die Lockdown-Verordnungen hinwegsetzen sollen und am 11. Januar ihre Läden ohne Erlaubnis öffnen sollen. Das teilen quasi alle Verschwörungsideolog:innen, von Querdenkern bis zu Neonazis:

In der Fantasiewelt der Pandemie-Leugner:innen, die durch Fake News und Filterblasen regelrecht gehirngewaschen wurden, glaubt man, man könnte die Corona-Maßnahmen de facto beenden, indem einfach alle Unternehmer:innen ihre Läden öffnen. Sie glauben, dadurch sogar die herbeifantasierte „Diktatur“ beenden zu können, und dies zeigt die völlige Weltfremdheit dieser Leute. Doch natürlich handelt es sich hierbei um eine reine Inszenierung und einen Sturm im Wasserglas: Jetzt wird auf Telegram und YouTube der große Widerstand inszeniert, damit die Spitzen der Bewegung sich mit Spenden bereichern können, passieren wird jedoch nichts. Warum?

#WirStehenAuf vernichtet Arbeitsplätze

Abgesehen davon, dass es ein Leichtes ist, andere dazu aufzurufen, den Kopf für die eigene „Revolution“ hinzuhalten, ohne selbst etwas zu tun, wird wohl kaum jemand diesen irren Aufrufen folgen. Es gibt vereinzelte Ankündigungen, wie die eines Sporthändlers aus Rosenheim, doch viel mehr wird es eher nicht geben. Ohnehin ist es nur eine kleine Minderheit, die der Ideologie der Querdenker folgt; die meisten Deutschen vertrauen der Wissenschaft und befürworten Corona-Maßnahmen. Aber selbst die Verschwörungsgläubigen dürften nicht so wahnwitzig sein, mit Anlauf ihre eigenen Existenzen zu zerstören.

Ein Aufruf in Telegram zum zivilen Ungehorsam mag heroisch klingen. Das Ordnungsamt wird mit diesen Möchtegern-Rebellen jedoch kurzen Prozess machen. Es ist ja nicht so, als werden die Behörden tatenlos zusehen, wie hier Gesetze gebrochen werden.

Wie uns Anwalt Chan-jo Jun, der seit Wochen unermüdlich das „Quatschjura“ der Pandemie-Leugner:innen analysiert hatte, erklärt, könnte das Öffnen von Geschäften trotz Lockdown extrem teuer werden. Bußgelder von 5.000€ bis 25.000€ sind da noch die harmloseren Konsequenzen. Normalerweise ist der Entzug der Gewerbeerlaubnis ein schwerer Eingriff in die Berufsfreiheit, aber wenn Gewerbetreibende vorsätzlich und mit Ansage Verstöße begehen, können diese sie auch direkt verlieren. #WirMachenAuf dürfte dann das letzte Mal sein, dass diese Läden öffnen. Mit ihrer wahnhaften Propaganda zerstören Querdenker Existenzen und gefährden direkt Arbeitsplätze. Ganz zu schweigen vom Infektionsrisiko. Apropos:

Bis zu 5 Jahre Haft

Als wäre den Verlust der Gewerbeerlaubnis für so einen Stunt zu riskieren, nicht schon verrückt genug, könnte diese Aktion darüber hinaus auch zu Geldstrafen oder sogar Freiheitsstrafen bis zu 5 Jahre führen, wenn durch die Öffnung Krankheitserreger verbreitet werden. Sollte sich in dem Laden bei #WirMachenAuf jemand mit Corona anstecken, wird es sogar zur Straftat. Der Nachweis ist natürlich zugegebenermaßen schwierig zu erbringen. Jun erklärt aber noch weiter: Selbst die Aufrufe der Couch-Rebellen könnten schon strafbar sein:

Es sind schließlich Aufrufe zu Ordnungswidrigkeiten oder sogar Straftaten und bei erfolgreicher Anstiftung ebenfalls strafbar. Laut Jun kann sogar #WirMachenAuf, als Aufruf zum Verstoß gegen das Infektionsschutzgesetz, mit bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden, selbst wenn hierdurch niemand verletzt wird.

Jun hat auch eine Grafik erstellt, wie man die strafbaren Aufrufe melden kann, da sie laut NetzDG gelöscht werden müssen:

Vielleicht rufen deswegen so viele Querdenker-Anwälte dazu auf? Wenn dann die absehbaren Anzeigen und Strafen drohen könnte man mit der juristischen Vertretung ja Geld verdienen… wer weiß?

Fazit: Reiner Querdenker-PR-Stunt

Egal wie panisch Querdenker & Co. in ihren realitätsfernen Telegram-Gruppen vom „Widerstand“ träumen, wenn sie glauben, shoppend die Diktatur zu stürzen, so wird wohl kaum jemand diesen Aufrufen wirklich nachkommen, da es für Gewerbetreibende den gewerblichen Selbstmord bedeuten würde. Abgesehen davon ist es auch nicht so, als ob Gewerbetreibende völlig allein gelassen werden: Die Bundesregierung unterstützt Finanzausfälle mit 75% Ausgleich des Vorjahresumsatzes (mehr dazu).

https://twitter.com/ZIVD_eV/status/1345639245155889152

Ohnehin wurde die Aktion bzw. der Hashtag #WirMachenAuf schnell gekapert: Inzwischen findet man unter dem Hashtag vermehrt die Forderung, die Schutzsuchenden in den europäischen Lagern zu evakuieren. Die Situationen vor Ort sind in Corona-Zeiten erst Recht schrecklich geworden. Da unter den Verschwörungsideolog:innen ein großer Teil Rechtsextremer ist, dürfte diese das besonders ärgern. Es steht frei, sich daran zu beteiligen.

Zum Thema:

„Der Goldene Aluhut“ verklagt Ballweg nach riesigem Querdenken-Eigentor

Artikelbild: Corona Borealis Studio


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