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Kein Scherz: Maaßen empfiehlt CDU Thüringen, Faschist Höcke zu wählen!

von | Mrz 4, 2020 | Aktuelles, Analyse, Kommentar

Maaßen lässt die Maske endgültig fallen

Heute wird in Thüringen erneut der Ministerpräsident gewählt. Nachdem FDP und CDU im Februar bewusst in Kauf nahmen, gemeinsam mit Faschisten abzustimmen, um Bodo Ramelow zu verhindern, den der Großteil der Thüringer*innen gerne erneut als Ministerpräsident gesehen hätte. Nach der Wahl stürzten FDP und CDU in Umfragen ab, die Linke erreichte neue Spitzenwerte (Quelle). In der erneuten Wahl treten nun erneut Ramelow und, als einziger Gegenkandidat, der Faschist Höcke von der AfD an.

Die Szenarien sehen also heute so aus: Ramelow wird im ersten Wahlgang mit anonymen Abweichlern der CDU gewählt (die FDP will nach ihrem Debakel gar ganz den Saal verlassen) oder durch Stimmen der Trickser der AfD (Ramelow kündigte bereits an, die Wahl dann abzulehnen). Oder er erhält in den ersten beiden Wahlgängen nur die Stimmen von R2G – und damit keine absolute Mehrheit – und wird im dritten Wahlgang durch relative Mehrheit gewählt. Die CDU würde von einer erneuten Ramelow-Regierung profitieren – da sie Neuwahlen (und einen Stimmenverlust) erst einmal verschieben würde.

Ex-Verfassungsschutzchef empfiehlt, Faschisten zu wählen

Der Ex-Verfassungsschutzchef und prominentes Mitglied des rechten Mini-Vereins in der CDU, der „WerteUnion“, Hans-Georg Maaßen ist schon längst als rechter Hardliner bekannt. Wir dokumentierten, dass Maaßens Twitter-Account fest in der rechtsextremen und AfD-nahen Filterblase verknüpft ist (Quelle, Quelle) und regelmäßig Hetze und rechtsextreme Verschwörungstheorien verbreitet. Ausgerechnet derjenige, der mehrere Jahre Rechtsextreme überwachen hätte sollen, verbreitet nun genau das gleiche Gedankengut:

Faktencheck: Abrechnung mit den rechtsextremen Tweets von Maaßen

Nun empfahl Maaßen allen Ernstes der CDU in Thüringen „mit Ihrer Stimme“, dafür zu sorgen, dass Ramelow „nicht den MP stellt.“ Da es, wie oben dargestellt, nur die Wahl zwischen dem beliebten Ministerpräsidenten Ramelow und dem Faschisten Höcke gibt, muss das heißen, dass er eine Wahl des Rechtsextremen empfiehlt, um einen Politiker zu verhindern, dessen Politik in den letzten fünf Jahren eine normale sozialdemokratische war. Enthält sich die CDU nämlich, wie angekündigt, wird Ramelow Ministerpräsident.

Er kann keine Enthaltung gemeint haben, denn eine Enthaltung der CDU würde die Wahl von Ramelow nicht verhindern. Außerdem fordert er auf, dass die CDU-Abgeordneten ihre Stimme nutzen sollen – das Gegenteil einer Enthaltung. Um Ramelow zu verhindern – „mit einer Stimme“, nicht mit Enthaltung – kann das nur eine Wahl Höckes bedeuten. Eine andere Interpretation ist nicht möglich.

Das ist ein Skandal sondergleichen. Nicht nur ist die bisherige CDU-Doktrin der Äquidistanz insbesondere im Fall Höcke vs. Ramelow bereits nicht mehr zeitgemäß und falsch, hier offenbart sich ein CDU-Mitglied offen, lieber einen offenen Faschisten, der persönlich vom Verfassungsschutz beobachtet wird (Quelle), wählen zu wollen als Bodo Ramelow. Und das obwohl seine Partei bereits nur bei der gemeinsamen Abstimmung mit jenen Faschisten massiv in Umfragen verlor. Wenn es die CDU ernst meint mit ihrer Abgrenzung zum offenen Rechtsextremismus, muss sie spätestens jetzt gegen Maaßen ein Parteiausschlussverfahren einleiten.

Whataboutismen

Dabei ist eine Wahl zwischen Ramelow und Höcke für jeden Demokraten keine schwierige. Höcke war bereits 2010 auf Neonazis-Demos (Ramelow auf der Gegendemo), darf als „Faschist“ bezeichnet werden, da dies „auf einer überprüfbaren Tatsachengrundlage beruht“, schrieb regelmäßig rechtsextreme Texte in NPD-Zeitschriften, ein Buch, in welchem er Massendeportationen notfalls mit Gewalt fordert und wird seit kurzem offiziell vom Verfassungsschutz beobachtet. Diese und mehrere eindeutigen Dinge haben wir hier gesammelt:

Enthüllt: Die AfD will nicht, dass du diese 25 Höcke-Zitate verbreitest

Umgekehrt werden falsche Unterstellungen über Bodo Ramelow verbreitet. Es wird behauptet, Ramelow hätte als Westdeutscher irgendetwas mit der SED-Diktatur zu tun oder befürworte diese. Das sind Fake News. Er entschuldigte sich für das Unrecht während der SED-Diktatur in der ehemaligen DDR (Quelle). Explizit bezeichnete Ramelow die SED als „Diktatur“ und „Die DDR war eindeutig kein Rechtsstaat.“) und nannte Stalin einen „Mörder“. Ramelow regierte bereits 5 Jahre Thüringen – ohne Enteignungen oder dergleichen. Dämonisierungen Ramelows sind also Propaganda.

Genosse Stalin, Unrechtsstaat: Rechte verbreiten Lügen über Bodo Ramelow

Ganz aktuell versucht die Boulevard-Zeitung BILD, die regelmäßig Lügen über Bodo Ramelow verbreitet hat, das Gerücht zu streuen, Ramelow sei 2014 mit einer Stimme eines damaligen AfD-Abgeordneten gewählt worden. Ihr vermeintlicher Beleg ist eine Behauptung eines früheren AfD-Abgeordneten, der bereits vor vier Jahren zur SPD gewechselt sei. Er behaupte, von SPD-Mitgliedern angesprochen worden zu sein. Diese verdächtige Behauptung, sechs Jahre danach soll jedoch nur Propaganda gegen Ramelow sein, denn den Wahrheitsgehalt kann heute keiner mehr verifizieren, da es sich um eine geheime Wahl gehandelt habe.

Ohnehin ist das Argument nicht so skandalös, da sich die AfD seit 2014 gewaltig verändert hat – und auch jenes ehemalige AfD-Mitglied offensichtlich nicht zu den radikalen, vom Verfassungsschutz überwachten Rechtsextremisten gehört, wie man sie heute in der AfD Thüringen findet. Ebenfalls verdächtig: Eigentlich hatte Ramelow auch ohne AfD-Stimmen eine Mehrheit. Es handelt sich also um ein unglaubwürdiges Gerücht.

1% Erschießen?

Aufmerksame Leser*innen werden natürlich bereits bemerkt haben, dass wir nicht den ganzen Maaßen-Tweet gepostet haben. Der ganze Tweet sieht nämlich so aus:

Seine indirekte Aufforderung, den Faschisten Höcke zu wählen, entstand als Reaktion auf ein aus dem Kontext gerissenes Video, in welchem eine Linke-Politiker*innen versucht, wohl ironisch mit Klischees über die Linke eine „Erschießung“ der reichsten 1% zu formulieren – und in welcher Linke-Chef Riexinger witzelt, diese lieber in Zwangsarbeit zu stecken. Der ernste Kontext lässt den möglichen Scherz jedoch völlig untergehen. Und auch ironisch sind solche Scherze selbstverständlich unhaltbar und hätten sofort Widerspruch auslösen sollen.

Dennoch steht im gesamten Kontext der Aussage fest: Die Zuhörerin hat diese Aussage ja formuliert, um aufzuzeigen, wie realitätsfern das Szenario einer Revolution wäre. Es ist eine bewusste, dennoch höchst unglückliche Übertreibung. Riexinger distanzierte sich später aber bei Twitter davon und schrieb: „Der Kommentar der Genossin war unakzeptabel, wenn auch erkennbar ironisch. Meine Reaktion darauf hätte sehr viel unmissverständlicher sein müssen“.

Auch Bodo Ramelow erklärt deutlich, dass er nichts mit derartigen Äußerungen gemein hat:

Im übrigens sind Gewaltfantasien gegen politische Gegner oder Schießbefehle an der Grenze in der AfD auch völlig üblich, was nicht vergessen werden sollte:

„Wir werden sie jagen“: Die AfD will nicht, dass du diese AfD-Zitate verbreitest

Fazit

Fest steht: Während es sich bei Bodo Ramelow um einen gewöhnlichen Demokraten handelt, über den Fake News und unverifizierte Gerüchte verbreitet werden, ist Björn Höcke offiziell rechtsextrem und vom Verfassungsschutz überwacht. Wenn in diesem Kontext Maaßen als der Mann, der einmal damit beauftragt gewesen ist, Rechtsextreme zu überwachen, versucht, Ramelow zu dämonisieren und eine Wahlempfehlung abgibt, die nur die Wahl eines offenen Faschisten bedeuten kann, muss sich die CDU ernsthaft fragen, ob so ein Mann in ihren Reihen noch haltbar ist.

Nachtrag 5.3. 8:30:

Die rechte WerteUnion bezeichnete die spätere Wahl Ramelows als „Tiefschlag für die politische Kultur Deutschlands“, Bundesvorsitzender Mitsch versuchte die reale Empörung nach der Kemmerich-Wahl durch Stimmen von Faschisten zu imitieren.

Durch die gezielte Wiederholung der Rhetorik nach der Kemmerich-Wahl will die WerteUnion unterstellen, dass die CDU Bodo Ramelow nicht gewählt habe, sei gleichermaßen verwerflich wie die gemeinsame Wahl mit Faschisten. Absurder wird es, wenn man bedenkt, dass Ramelow bereits fünf Jahre in Thüringen regiert hatte.



Artikelbild: Bundesministerium des Innern/Sandy ThiemeCC BY-SA 3.0 DE, Screenshots twitter.com