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Gasnetz-Fake: BILD will, dass du ihren Investoren Milliarden bezahlst

von , | Apr 10, 2024 | Faktencheck

Die Stadt Augsburg behält ihr Gasnetz. Es sei derzeit auch nicht geplant, das Gasnetz zurückzubauen. Gegenüber heise äußert sich eine Stadtwerke-Sprecherin: Die Gasversorgung bleibe „im Rahmen der gesetzlichen Regelungen auch weiterhin gesichert.“ Augsburg will ambitioniert seine Fernwärme ausbauen. Habeck hat damit auch nichts zu tun. Hier erklären wir euch, wie die BILD euch mal wieder dreist belogen hat. Und auch, warum: Weil hinter ihr finanzielle Interessen stehen und sie will, dass ihr euer Geld zum Fenster hinauswerft.

Es gibt in Deutschland kein Gesetz, das Menschen daran hindert, euch im Profitinteresse dreist anzulügen. Alles, was uns hilft, ist, mit Fakten dagegenzuhalten. Also machen wir das.

Seit Jahren warnen wir bei Volksverpetzer davor, sich jetzt noch eine neue Gasheizung anzuschaffen und empfehlen stattdessen, auf Wärmepumpen oder Fernwärme zu setzen. Das ist nicht nur besser für die Umwelt, sondern auch für deinen Geldbeutel. Da wir 100 % unabhängig sind, haben wir nicht mal was davon – wir setzen uns nur für die Fakten ein.

Die Fake-News-Schleuder BILD hingegen möchte, dass ihre Leser Milliarden Euro blechen müssen, indem sie in eine Kostenfalle von Großkonzernen tappen. Dazu lügt und manipuliert sie, um euch zu verunsichern. Wie das funktioniert? Hier eine Übersicht.

CO₂-Preise steigen massiv

Im Gegensatz zu ordnungsrechtlichen Gesetzen, die beispielsweise über Verbote von Verbrennungsmotoren oder fossilen Heizungen funktionieren würden, läuft der Emissionshandel über einen Marktmechanismus. Kein Zwang und so. Dabei wird vorher festgelegt, wie viel CO₂ ausgestoßen werden darf. Für die Ziele Deutschlands heißt das konkret eine Reduktion um über 30 % im Gebäudebereich. Der Markt führt dann dazu, dass der Preis so lange ins Unermessliche steigt, bis dieses Ziel erreicht wurde. Wir wissen, dass das funktioniert, so hat Deutschland in der Gaskrise 2022 streckenweise etwa 20 % Gas eingespart – vor allem durch die hohen Preise. Wenn es irgendwann zu teuer wird, hört ihr auf oder sucht nach Alternativen. (So viel zu „kein Zwang“ übrigens).

Der erste Punkt ist, dass die Preise für CO₂ und damit für Gas in den nächsten Jahren massiv ansteigen. Eine Studie des MCC kommt zum Schluss, dass allein die zusätzlichen Kosten durch den Emissionshandel für Gasheizungen für die nächsten 20 Jahre zusätzliche Kosten von ca. 16.000 Euro und für Ölheizungen ca. 23.000 Euro für eine Familie im Einfamilienhaus verursachen wird. 

Und an dieser Stelle: Das ist NICHT nur wegen “den Grünen” so. Der CO₂-Preis, insbesondere der CO₂-Handel, ist eine Kernposition von CDU/CSU und FDP. Das ist, wie beide den Klimaschutz ankurbeln wollen: Über den Marktpreis von CO₂. Weil sie sagen, das sei kein “Zwang” wie Verbote. Das heißt einfach gesagt, dass Gas so lange so absurd teuer werden wird, bis auch der letzte umgestiegen ist. Das ist die Lösung, die Mitte-Rechts-Parteien als Alternative preisen.

Netzentgelte steigen

Was sind Netzentgelte? Die werden erhoben, um den Erhalt des Gasnetzes zu finanzieren. Also die Kosten des Gasnetzes werden auf alle Verbraucher umgelegt. Jetzt gibt es aber, ob ihr wollt oder nicht, immer weniger Gas-Verbrauch. Heißt: Die gleichen Kosten des Gasnetzes werden auf weniger Kunden umgelegt. 

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Nach Adam Riese heißt das: Die Entgelte steigen massiv an – für die restlichen Beziehenden von Gas. Viele wechseln deshalb zu klimafreundlichen Alternativen – und die Kosten steigen weiter. Ein Teufelskreis. Laut Agora Energiewende droht hier eine Erhöhung um den Faktor 16 (richtig gelesen!) bis 2044.

Mit Wasserstoff wird man niemals weitläufig heizen

Die größten Lügner in Deutschland behaupten aktuell, dass man bald mit Wasserstoff heizen kann. Das sei besser als mit Wärmepumpen. Aber: Das ist dreister Betrug. Wir haben das in diesem Artikel ganz ausführlich erklärt:

Aber die Erklärung, warum heizen mit Wasserstoff absurd ist, in kurz: Wie wird Wasserstoff hergestellt? Aus Strom. Bei Herstellung und Transport von Wasserstoff gibt es allerdings Verluste. Das heißt, es ist schon mal rein logisch besser, mit Strom direkt zu heizen, weil du zwangsläufig immer mehr Energie zur Verfügung hast. 

Dazu kommt noch, dass Wärmepumpen einen Großteil der benötigten Energie aus der Umgebung des Hauses beziehen (Erde oder Luft). Dadurch entsteht dann die Situation, dass nur 1 kWh Strom für 3-4 kWh Heizenergie benötigt wird. Ja, richtig gelesen. Das kann Wasserstoff rein logisch nie schaffen. Selbst in absurd schlecht gedämmten Gebäuden mit konventionellen Heizkörpern kommt noch ein positiver Wert raus. 

Also: Wasserstoff heißt – wir werfen einfach Strom weg. Wärmepumpe heißt: Wir machen aus Strom mehr nutzbare Heizenergie, als wir herein gesteckt haben. Wärmepumpen sind Wasserstoff immer um Längen überlegen. Wer euch Wasserstoff andrehen will, der hat nicht euer Bestes im Sinn. 

Praktisch alle Studien sagen das. Hier eine Meta-Studie, die zeigt, dass Wasserstoff einen Anteil von weniger als 1 % an der Beheizung von Gebäuden haben wird. Diese Meta-Studie hat sich 32 Studien angesehen. Keine (!) davon geht von einer größeren Rolle von Wasserstoff bei der Gebäudeheizung aus. Das Fraunhofer-Institut ist der Ansicht, dass Wasserstoff in nur 1-2 % der Gebäude zum Einsatz kommen wird. In einer anderen Studie findet das Institut, dass selbst bei niedrigen Wasserstoff-Preisen der Einsatz im Gebäude praktisch bei null liegen wird.

Gasheizungen müssen weg

Es führt kein Weg daran vorbei: Die Zeit von Gasheizungen ist vorbei. Niemand sagt, dass das unproblematisch ist, oder super einfach geht. Nur – die Gasheizungen zu behalten ist teurer als alle Alternativen. Gut, damit kommen wir zur Stadt Augsburg und der BILD. 

Die Stadt Augsburg behält bisher ihr Gasnetz. Es seit derzeit auch nicht geplant, das Gasnetz zurückzubauen. Gegenüber heise äußert sich eine Stadtwerke-Sprecherin: Die Gasversorgung bleibe „im Rahmen der gesetzlichen Regelungen auch weiterhin gesichert.“ Und in Bezug auf die BILD-Fakes wörtlich: Anderslautende Presseberichte seien “irreführend.” Was macht Augsburg wirklich?

Augsburg baut Fernwärme aus

In einem beispiellosen Engagement für eine nachhaltigere Energieversorgung haben die Stadtwerke Augsburg in den letzten Jahren intensiv in den Ausbau ihres Fernwärmenetzes investiert. Mit dem Ziel, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern und den Umstieg auf regenerative Energiequellen zu erleichtern, informieren die Stadtwerke seit vier Jahren Großverbraucher frühzeitig über den geplanten Ausbau des Fernwärmenetzes in ihrem Quartier für das kommende Jahrzehnt. Diese Praxis wurde auch Anfang 2024 fortgesetzt – ein Vorgehen, das zunächst vom Handelsblatt aufgegriffen wurde.

„Sollte eine Heizungserneuerung anstehen, sollte dies in die Überlegungen einbezogen werden, vor dem Hintergrund, dass ab 2040 in Bayern nach geltendem Recht keine Heizung mehr mit Erdgas betrieben werden darf“, steht in dem Schreiben, das Volksverpetzer vorliegt. Der Fokus liegt dabei nicht auf dem Rückbau des Gasnetzes, sondern auf der Verfügbarkeit und den Vorteilen des Fernwärmenetzes.

Augsburgs ambitionierte Pläne

Die Investitionen in das Fernwärmenetz sind beachtlich: Bis 2040 planen die Stadtwerke, eine weitere Milliarde Euro in den Ausbau zu stecken, wobei bereits 39 Prozent der Fernwärme aus regenerativen Quellen stammt. Neben Fernwärme werden auch Nahwärmeoptionen wie Wärmepumpen oder Pellet-Heizungen angeboten. Diese Maßnahmen signalisieren eine klare Absicht, nicht weiter in das Erdgasnetz zu investieren, sobald sich die Verbraucher für Fernwärme entscheiden.

„Wir bieten mit der Fernwärme eine Alternative zu Erdgas“, so der Vertriebsleiter der Stadtwerke Augsburg. „Und dort, wo wir das Angebot machen, wird es fast ausschließlich dankend angenommen.“ Schließlich sei mit der Energiekrise die Nachfrage nach Fernwärme um 2.000 Prozent gestiegen. Aber auch die Stadt Augsburg hat noch viel zu tun, um das ganze Stadtgebiet an die Fernwärme anzuschließen. Nach aktuellen Planungen werden bis 2030 schätzungsweise bestenfalls 70 % ausgebaut. Von den insgesamt ca. 175.000 privaten Haushalten in Augsburg sind aktuell nur 35.000  an das Fernwärmenetz angebunden (Stadtwerke Augsburg). Behält Augsburg seine Ausbaurate von 2.100 Haushalten pro Jahr, scheint der jetzige Wärmeplan als sehr ambitioniert.  

Augsburgs Wärmeplan in Bezug auf den Ausbau der Fernwärme

Und was die BILD & Co. lügt

Natürlich hat das Lügen-Blatt BILD etwas völlig anderes gemacht, was niemanden mehr überraschen sollte. “Heiz-Schock für Millionen Deutsche droht”, schreibt das Fake-News-Blatt interessanterweise über eine Stadt, die 300.000 Einwohner hat. “Erste Großstadt will das Gasnetz stilllegen” lügen die skrupellosen BILD-Schreiber. Und im Teaser-Text wird natürlich das BILD-Feindbild Habeck wieder ins Spiel gebracht. In Augsburg stellt übrigens die CSU die Oberbürgermeisterin. 

Okay, die BILD lügt mal wieder dreist ihre Leser an, alles normal. Aber wo hat sie Habeck jetzt aus dem Hut gezaubert? Dass sie den Hass auf Habeck mit massiver Manipulation schüren will, ist auch nichts Neues. Aber wie rechtfertigen sie jetzt diese Manipulation? Sie haben zwei aktuelle Themen zur Gasnetz-Transformation einfach in einen Topf geworfen. 

Habeck will, dass ihr genug Zeit habt, umzustellen und Geld zu sparen

Denn zufällig erschien Mitte März 2024 das Green Paper vom Bundeswirtschaftsministerium, ein Diskussionspapier, in dem es um die Gasnetz-Transformation geht. Es geht um die Frage, wie die Erdgasversorgung bis 2045 wirtschaftlich bleiben kann, wenn immer weniger Kunden Gas benötigen. Hier kommt das Netzentgelt von oben wieder ins Spiel: Habeck schreibt darin das, was wir oben erklärt haben: Wenn das Gasnetz in größten Teilen erhalten bleibt, und teuer für den ineffizienten Wasserstoff umgebaut wird, müssen die Netzentgelte auf viel weniger Kunden verteilt werden. Also: Netzwerke dort stilllegen oder zurückbauen, wo kein Bedarf für Wasserstoff ist. 

Im Green Paper will man dann eben deshalb „überraschende Stilllegungen für Nutzer“ vermeiden. „Ausreichend langfristige Planungen der erforderlichen Transformation der Gasverteilnetze sollen sicherstellen, dass alle Kunden ausreichend Zeit haben, sich auf die Änderungen einzustellen.“

Und dann steht im Paper lang und breit, wie man das machen kann. Im Fazit heißt es: „Im Ergebnis liefert dieses Papier einen ersten Überblick über denkbare aufkommende Fragestellungen mit Bezug zur Transformation der Gasverteilernetze und identifiziert Bereiche, die weiterer Untersuchung und Prüfung bedürfen. Für die öffentliche Konsultation finden sich nachfolgend Fragen, deren Antworten wichtige Hinweise für die Entwicklung des Transformationskonzepts geben können. Sofern weitere Aspekte oder Lösungsvorschläge als relevant erachtet werden, können auch diese im Rahmen der öffentlichen Konsultation benannt werden.“

Also: Habeck will, dass jeder von uns gut informiert ist und Zeit hat, seine Versorgung zu planen. Und weiß, was die Alternativen sind. Wir haben ja auch noch viel Zeit bis 2045. Wir müssen sie auch jetzt nutzen. 

Wie BILD dich verunsichert und belügt

Cleanthinking resümierte daraus: “Aus diesen Fakten-Fetzen zu Augsburgs Wärmeplan und dem Green Paper machen BILD und rechte Medien eine Berichterstattung, die Zigtausende Menschen verunsichert.” Auch andere rechte Desinformationsmedien schlossen sich dem Narrativ an: “Der rechte Youtuber Aktien mit Kopf behauptet gar ohne Wahrheitsgehalt „Millionen Gasheizungen müssen weg“ und beschreibt „Habecks Desaster-Plan“ – Ziel: Feindbildpflege und [Angstmacherei]. Substanzloses Geschwurbel inklusive.”

Die BILD desinformierte in ihrem neuen Artikel genau das Gegenteil: Darin wird suggestiv geschwurbelt, dass “vorschnell das Ende von Gasnetzen verkündet” werde und dass “massive Unsicherheit” geschaffen werde. Wie wir wissen: Beides ist schlicht unwahr. Im Gegenteil, die Stadt Augsburg und auch Habeck geben den Verbrauchern viel Vorlauf und informieren sie über die Fakten zur Zukunft vom Gasnetz. Die Einzigen, die Panik und Verunsicherung verbreiten, sind rechte Fake-News-Medien wie BILD.

Die BILD will, dass ihr kein Geld spart

Dass die Stadt Augsburg hier frühzeitig den Verbrauchern Bescheid gibt, dass das Gasnetz in Zukunft nicht finanzierbar ist, und ein möglicher Rückbau geplant ist, ist schlicht und ergreifend die Realität. Dass man rechtzeitig die Leute informiert, ist das Gegenteil von Verunsicherung. Es ist Information. Die BILD fertigt eine völlig fiktive Geschichte, mit der sie Verbraucher verunsichert – damit mehr Leute länger in der Kostenfalle Gasheizung hängen bleiben.

Ich möchte daran erinnern: BILD gehört dem Axel-Springer-Verlag. Der gehört neben dem Milliardär Mathias Döpfner auch der Kapitalgesellschaft KKR. Das ist ein internationales Unternehmen, das hunderte Milliarden verwaltet und in dutzende Unternehmen investiert. 78 % davon sind Firmen, die in fossile Energien investieren. KKR ist gar eines der größten private equity Unternehmen der Welt, das noch in fossile Energien investiert. Werden wirksamer Klimaschutz und der Ausstieg aus fossilen Energieträgern verlangsamt, profitiert ein indirekter Miteigentümer von BILD massiv davon.

Also: Habeck und die Stadtwerke in Augsburg wollen Fernwärme ausbauen und vermeiden, dass viele unnötige Kosten bei der Umstellung unseres Heiznetzwerks entstehen. Und euch darüber rechtzeitig informieren. Die BILD belügt euch dreist und schafft Verunsicherung, damit ihr zweifelt und weiter mit Gas heizt, oder glaubt, mit Wasserstoff heizen sei keine Kostenfalle. Damit Leute, denen das Gasnetzwerk gehört, noch ordentlich Kasse machen kann und sich das Ende dieses Netzwerks versilbern.

Teile des Artikels wurden mit maschineller Hilfe erstellt. Artikelbild: canva.com / Screenshot bild.de