6.760

„Russland hat verloren“: US-General Milley widerspricht Wagenknecht-Manifest

von | Feb 20, 2023 | Faktencheck

Rechtsextreme der AfD, aber auch große Teile der LINKE gleichermaßen setzen sich für den Sieg des imperialistischen Diktators in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine ein. Ihren Support verstecken sie hinter Desinformation und einer pseudo-pazifistischen Einstellung. Das jüngste Beispiel ist das Manifest von Schwarzer und Wagenknecht, das buchstäblich einen schnelleren Sieg Russlands fordert. Das ist keine unfaire Darstellung, wie wir hier belegt haben. Der Aufruf wird nicht nur von Rechtsextremen geteilt, die explizit willkommen geheißen werden, sondern auch von Linken wie Gysi – und wie stets basierend auf Falschinformationen. Eine weitere Desinformation aus dem Manifest bezieht sich auch auf den US-General Mark Milley.

Milley: „Russland hat verloren. Strategisch, operativ und taktisch“

Der ranghöchste US-General Mark Milley sagte jüngst bei einer Pressekonferenz, „Russland hat verloren“.

In seinem ganzen Statement sagt er:

„Russland hat verloren. Sie haben strategisch, operativ und taktisch verloren. Sie zahlen einen enormen Preis auf dem Schlachtfeld. Aber bis Putin den Krieg seiner Wahl beendet, wird die internationale Gemeinschaft die Ukraine weiterhin mit der Ausrüstung und den Fähigkeiten unterstützen, um sich selbst zu verteidigen. Durch diese Gruppe [Die Verbündeten der Ukraine, Anm. d. Red] unterstützen wir gemeinsam die Fähigkeiten der Ukraine, ihr Hoheitsgebiet zu verteidigen, seine Bürger zu beschützen und die besetzten Gebiete zu befreien.“

Milley

Er sagt übrigens auch, dass die Front in der Ukraine stabil sei und er nicht davon ausgeht, dass die Streitkräfte der Ukraine kollabieren, sondern weiterkämpfen. Man mag diesem US-General nun so viel Glauben entgegenbringen, wie man möchte. Man mag seine Glaubwürdigkeit oder seine Kenntnis infrage stellen. Doch wenn Wagenknecht, Schwarzer & Co. seine Autorität als Begründung dafür angeben, der Ukraine die Hilfe zur Selbstverteidigung zu verwehren, sollte klar sein: Milley sagt deutlich, dass Russland verliert.

Er taugt auf jeden Fall nicht mehr als Argumentationspunkt für Talkshows her, um zu begründen, dass eine Verteidigung der Ukraine aussichtslos wäre oder keinen Sinn ergebe. Das ist nämlich das, was Frau Wagenknecht gemacht hat.

Wagenknecht & Co zitieren milley

So steht zum Beispiel im sogenannten „Manifest für Frieden“ von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer:

„Die Ukraine kann zwar – unterstützt durch den Westen – einzelne Schlachten gewinnen. Aber sie kann gegen die größte Atommacht der Welt keinen Krieg gewinnen. Das sagt auch der höchste Militär der USA, General Milley. Er spricht von einer Pattsituation, in der keine Seite militärisch siegen und der Krieg nur am Verhandlungstisch beendet werden kann. Warum dann nicht jetzt? Sofort!“

Hier geben sie nicht korrekt wieder, was Milley im November 2022 gesagt hat. Es ist zwar so, dass Milley meinte, die Ukraine werde es nicht bald schaffen, die Russen von ihrem Territorium zu verjagen. Er sagte auch nicht, dass es nicht grundsätzlich möglich sei („anytime soon“). Er meinte aber auch, dass die Verhandlungsposition im Moment besser für die Ukraine stehe und sie aus dieser Position heraus verhandeln sollte. Aber genau aus dieser Position heraus will Russland eben keine Friedensgespräche führen, in dem Sie als “Verlierer” herausgehen. Sprich: Ja, man müsse eine politische Lösung finden, aber das ist erst möglich, wenn sich der Krieg für eine der beiden Parteien dramatisch verschlechtert. Für Milley und die meisten anderen ist genau das der Grund, die Ukraine zu unterstützen.

Für Wagenknecht & Co. offenbar, genau das Gegenteil zu tun, damit sie schneller gegen Russland verliert. Man sieht, wie Milley und die Situation allgemein grotesk irreführend durch die Pseudo-Pazifisten dargestellt wird. Kein Wunder, dass Rechtsextreme gerne mitmarschieren wollen – und Wagenknecht & Co. auch nichts dagegen haben. Soviel dazu, was der US-General Ende des letzten Jahres sagte.

Die meisten „Argumente“ basieren auf Falschdarstellungen

Aber nicht nur der US-General muss für Wagenknechts irreführende Argumentation herhalten. Auch der ehemalige israelische Ministerpräsident Naftali Bennet wird für die Argumentationskette herangezogen. Dieser soll gesagt haben, ein Frieden mit Putin und Selenskyj wäre bereits ausgehandelt gewesen, der Westen hätte diese Übereinkunft aber blockiert. Das sind Fake News. Erst kürzlich wehrte sich Bennet gegen diese Vereinnahmung von pro-russischer Propaganda. Bennett selbst hat klargestellt, dass es keine Friedensvereinbarung gab, und sagte, die Gespräche seien wegen offensichtlicher russischer Kriegsverbrechen gescheitert. Auch Gysi verbreitete diese Falschmeldung und unterstützte die Petition für Putins Sieg:

Fazit: Wagenknecht und Co. verzerren Aussagen für ihre Argumentation

Man kann es nicht anders sagen, aber Wagenknecht & Co. täuschen vorsätzlich ihre Anhängerschaft. Ansonsten bräuchte sie keine US-Generäle und ehemaligen Ministerpräsidenten, denen sie Dinge in den Mund legen kann, sodass es für ihre eigene Argumentation passt. Der Trick besteht darin, ausländische hochrangige Personen vermeintlich zu zitieren, sich dabei aber genau nur das rauszusuchen, was für das eigene Narrativ passt und den Rest wegzulassen. Man nennt das auch cherrypicking. Derart verzerrt wird das dann vom Leser oder Zuschauer geschluckt und im seltensten Fall auch selbst nachgeprüft. „Wenn das ein US-General sagt“ oder „Wenn das der ehemalige israelische Ministerpräsident gesagt hat“ muss das ja stimmen. Tut es aber nicht, wenn man mit unehrlichen Akteuren arbeitet.

Genauso gut kann man eine Aussage von Frau Wagenknecht verzerren. Vor einem Jahr, kurz vor dem Angriffskrieg Russlands sagte sie, dass jegliche Diplomatie hoffnungslos wäre, wenn Putin tatsächlich die Ukraine angreifen würde und ein „durchgeknallter russischer Nationalist“ sei. Wenn das stimmen würde, hätten Verhandlungen mit Putin in keinem Szenario einen Sinn, oder, Frau Wagenknecht?

Der zitierte US-General ist übrigens nicht der Meinung, dass Russland nicht verlieren könnte, Frau Wagenknecht. Sondern genau im Gegenteil: „Russland hat verloren“.

Artikelbild: