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Masken schützen & Cochrane widerlegt das auch nicht – sagen sie selbst

von | Feb 9, 2023 | Faktencheck

Ja, ich weiß. Es ist wahrscheinlich der dutzendste Faktencheck allein auf unserer Website, der belegt, dass Masken die Verbreitung von Corona eindämmen. Und ich weiß auch, dass du weißt, dass das wissenschaftlich eigentlich ziemlich gut belegt ist. Doch solange die immer gleichen Desinformationsverbreiter ihre Fake News wiederholen, solange müssen wir auch die Fakten wiederholen. Das neueste Beispiel ist die Cochrane-Meta-Analyse. Und nein, dass diese NICHT belegt, dass Masken nichts bringen würden, behauptet nicht nur der böse Faktenchecker und jede Menge Experten – das gibt Cochrane selbst zu.

Ihr Studiendesign widerlege „keineswegs, dass eine konsequent und korrekt getragene Gesichtsmaske im Einzelfall einen bedeutsamen Effekt auf das individuelle Infektionsrisiko haben könnte.“

– Cochrane Deutschland

Absolut nicht überraschend klingt die Propaganda der üblichen Verdächtigen der Corona-Verharmloser und Maßnahmen-Gegner natürlich ganz anders und erwähnt das nicht. Diesen Artikel oder jede Menge weitere Faktenchecks, die die Wahrheit zeigen, werden sie nicht einmal lesen und uns wie immer nur in den Kommentarspalten beschimpfen. Nichtsdestotrotz machen wir natürlich, was wir immer machen, und zeigen euch akribisch die Fakten. Und geben euch 22 Studien und vier weitere Meta-Studien, die zeigen, dass Masken wirken.

Impfungen sind sicher, Masken wirken, Maßnahmen waren sinnvoll

Ein wenig anders als ich es im ersten Absatz darstellen musste ist natürlich in der wissenschaftlichen Community nichts Dogma, ein Freifahrtschein, zu glauben, was man will, ist das natürlich trotzdem nicht. Es gibt aber viel gute Evidenz (MacIntyre, Chugtai 2020; Andrejko et al 2022; Howard et al 2021; Mitze et al 2020; Brooks, Butler 2021; Fischer et al 2020, Bagheri et al 2021, Karaivanov et al 2021, Lindsley et al 2020, Sharma et al 2020, Cheng et al 2021, Boutzoukas et al 2022), dass Gesichtsmasken die Übertragung von Infektionen von Corona reduzieren.

Warum zeigt der Review von Cochrane das nicht, obwohl das an manchen Stellen behauptet wird? Das kann man Cochrane Deutschland selbst erklären lassen, die diese Stellungnahme veröffentlichten, um „allzu weitreichende Deutungen“ in den sozialen Medien vorzugehen. Ja, weil Maßnahmen-Gegner – und Leute, die jetzt politisch daraus Kapital schlagen wollen, so zu tun, als seien die Maßnahmen ein Fehler gewesen, obwohl diese viele Leben gerettet hatten – die Cochrane-Studie missbrauchen und absichtlich falsch interpretieren.

Die meisten untersuchten Studien stammen nicht aus der Pandemie-Zeit – und die, das tun, zeigen wirkung

Den wichtigsten Aspekt und warum Cochrane quasi nichts über das Maskentragen in der Pandemie aussagen kann, steht in ihrer eigenen Stellungahme: „Die meisten Studien sind älteren Datums und beziehen sich auf die Übertragung von Influenza- und anderen Erkältungsviren, Studien aus der Corona-Pandemie bleiben in der Minderzahl.“

Tatsächlich sind lediglich ZWEI Studien aus der Pandemie-Zeit. Lediglich 9 weitere untersuchen überhaupt, ob sich die Virenübertragung beim Tragen Maske versus keine Maske ändert. Von insgesamt 78 untersuchten Studien. Es gibt inzwischen mehr Faktenchecks zur Cochrane-Studie, als Studien aus der Pandemie-Zeit, die dort untersucht wurden. Das ist aber nicht alles:

Diese zwei Studien (Abalcuk et al 2021 und Bundgaard et al 2021) zeigen sogar, dass MASKEN WIRKEN. Also dass OP-Masken die Übertragung effektiv reduzieren. Deswegen sind es eigentlich Fake News, derart falsche Schlüsse zu ziehen, wie es offenbar sogar Prof. Schmidt-Chanasit und die Frankfurter Rundschau tun. (Die immerhin ihre Überschrift später abgeschwächt hat zu „Corona-Studie mit überraschendem Ergebnis – Masken waren eher wirkungslos“)

Was hat Cochrane überhaupt untersucht?

Die Macher der Meta-Studie haben diese eigentlich zu Beginn Pandemie fertig gestellt, und erst jetzt ein Update mit drei weiteren Studien veröffentlicht, darunter die zwei mit direkten Bezug zu Covid. Dennoch haben die Verfasser geschrieben, dass das Tragen von Masken in der Bevölkerung wahrscheinlich einen geringen oder gar keinen Einfluss auf das Auftreten von Erkrankungen wie Grippe und Corona habe. Cochrane wiederum aber selbst zu, dass es „Forschungslücken“ gebe.

Die Cochrane-Studie hat sich vor allem auf die Wirksamkeit aller nicht-pharmakologischen Maßnahmen – also nicht nur auf Masken, sondern auch auf Hygiene-, Isolations- oder Abstandsregeln angeschaut. Masken waren nur ein vergleichsweise kleiner Teil. Viele Wissenschaftler:innen kritisieren, dass die Studienmethode – RCTs – möglicherweise ungeeignet sein können. Prof. Dr. Sabine Hammer erklärt auf Twitter, warum RCTs für diesen Untersuchung ungeeignet und selten sind, Prof. Kekulé kritisiert das ebenfalls und bezeichnet die Schlussfolgerungen von Cochrane deshalb gar als „fürchterlich“ und „toxisch“.

Warum RCTs hier problematisch sind

Cochrane hat sich nämlich nur Studien angeschaut, die RCTs nutzen. Prof. Hammer erklärt, dass es bei RCTs in der Natur der Sache liegt, dass diese nur die Effekte einer Empfehlung zum Maskentragen prüfen können (Weil in es unethisch wäre, in diesem Studiendesign der Kontrollgruppe zu verbieten, Masken zu tragen. Es kann also trotzdem sein, dass die Kontrollgruppe durch das Maskentragen geschützt wird). Dass dann kein Effekt zu entdecken sei, sei nicht verwunderlich. Andere Studien, die auch andere Studiendesigns berücksichtigen, zeigen sehr wohl die Wirksamkeit. Prof. Hammer zählt auf:

Liao et al 2021, Abboah-Offei et al 2021, Santarsiero et al 2020, Matuschek et al 2020, Candevir et al 2021, Deng et al 2022, Tunón-Molina et al 2021, Howard et al 2020, Liang et al 2020. Ja, die Tragik ist, dass das ich in diesem Artikel schon 22 erwähnte Studien aus der Pandemie-Zeit in diesem Artikel waren, die eine Wirksamkeit von Masken belegen, aber ein „Querdenker“ wird diese nie zu Gesicht bekommen.

Cochrane gibt zu: Mängel im Studiendesign

Dass es Mängel im Studiendesign gibt, gibt Cochrane auch zu. Bei der Interpretation der Ergebnisse sind auch mögliche „Einschränkungen und Fehlerquellen der zugrundeliegenden Studien“ zu bedenken. Bei den Masken-Studien speziell sei die „nur schwer überprüfbare und vermutlich oft geringe Adhärenz beim Maskentragen, also die Frage, ob die Studienteilnehmenden ihre Masken wirklich regelmäßig und korrekt trugen,“ zu berücksichtigen.

Im Faktencheck der Tagesschau erklärt auch Prof. Eberhard Bodenschatz, dass die „Cochrane-Studie ist wenig aussagekräftig“ sei. Seine Studien hätten gezeigt, dass „Masken physikalisch ein wunderbarer Schutz sind“. Er kritisiert die Widersprüchliche Kommunikation der Cochrane-Studien-Macher: „In einem Satz schreiben sie, Masken wirken nicht, und einen Absatz später räumen sie ein, dass sie es eigentlich nicht sagen können.“

4 weitere Meta-Analysen zeigen Wirksamkeit

Das bemängelt auch Mathias Pletz, Leiter des Instituts für Infektiologie und Krankenhaushygiene an der Uniklinik Jena. Er weist darauf hin, dass andere Meta-Studien zu einem gegenteiligen Ergebnis kommen: Chen et al 2022 und Talic et al 2021 zeigen, dass Masken wirken. Er erklärt der dpa, dass diese Cochrane-Studie damit eine „Minderheitenmeinung“ der Wissenschaft abbildet. Hier eine weitere Meta-Studie, Chu et al 2020, die die Wirksamkeit von Masken zeigt. Die Meta-Analyse von Chaabna et al 2021, zeigt ebenfalls, dass Masken (Nicht Stoffmasken) wirken. Die nutzen dazu sogar unter anderem ebenfalls die Cochrane Library!

Auch eine ältere Meta-Studie zeigt die Wirksamkeit von Masken gegen Grippe – Cowling et al 2010. Wenn es so viel Evidenz gibt, gar mehrere Meta-Studien, die die Wirksamkeit zeigen. Warum nutzt diese Meta-Analyse dann nicht die Daten aus der Pandemie-Zeit, und nutzt so ein dafür umstrittenes Studiendesign?

Wenn die Wirkung von Masken so deutlich ist, was treibt Cochrane dann bitte?

Wenn die Cochrane Studie also so umstritten ist, deren Studiendesign offenbar nicht gut genug, um die Wirksamkeit von Masken zu untersuchen, und sie die Wirksamkeit von Masken nur am Rande betrachten und dazu größtenteils nicht aus der Pandemie-Zeit, und Cochrane das sogar selbst zugeben. Und sogar mit einer extra Stellungnahme klarstellen, dass diese Studie nicht die Wirksamkeit von Masken widerlegen könnte – warum haben sie das dann geschrieben? Weil Cochrane nur ein Netzwerk von Wissenschaftler:innen ist. Die offenbar bemüht sind, sich an wissenschaftliche Standards zu halten und die Einschränkungen zu kommunizieren. Aber mindestens der führende Autor der Studie, Tom Jefferson, etwas ganz anderes möchte.

Wie auch Prof. Hammer bemerkte, und ein Blick in ein Interview mit ihm und in seine Blogposts offenbart, hat dieser offenbar alles andere als versucht, wissenschaftlich neutral und seriös zu arbeiten. Sondern er scheint gezielt darauf hin gearbeitet zu haben, um ein Ergebnis zu kommen, das seiner ideologischen Einstellung entspricht. In seinem Blog schreibt er, dass er „Mainstreammedien“ misstraue und vergleicht dort Journalisten mit Nazi-Generälen in den Nürnberger-Prozessen, „Regierungen“ mit Mussolinis faschistischem Regime und schimpft auf „Experten“ und Politiker, und deutet eine Verschwörung an, die seine Ergebnisse „debunken“ möchte.

Im Interview (mit einer Journalistin, die heftig für das Verbreiten von unwissenschaftlichen Gesundheitsempfehlungen kritisiert wurde) erklärt er direkt, es habe eine Verschwörung von Cochrane und der Regierung gegeben, die seine Studie verheimlichen wollten würden. Dieses Interview wurde trotzdem von Klaus Stöhr lobend geteilt.

Desinformation, Pr-Stunts, Narrative

So klingt kein seriöser Wissenschaftler, so klingt jemand, der eine politische Agenda hat und der hinter der überwältigen Kritik an seiner Methodik aus der wissenschaftlichen Community und aus Cochrane selbst eine Verschwörung vermutet, anstatt diese Mängel zu adressieren. Das dürfte die Stellungnahme von Cochrane erklären, die wohl versuchte, den Schaden durch die falschen Behauptungen von Jefferson, die er auch mit seinem Review nicht belegen kann, einzudämmen.

Also: Es gibt viel und starke Evidenz dafür, dass Masken dabei helfen, die Übertragung von Infektionen wie mit Corona einzudämmen. Jetzt, wo in Deutschland auch die Maskenpflicht im ÖPNV weggefallen ist, muss man weiter feststellen: Es hat geholfen. Das Tragen von Masken hat die Übertragungen eingedämmt, Corona-Impfungen haben sehr effektiv gegen Tod und Hospitalisierung gewirkt. Niemand hat etwas dagegen, unseren Umgang mit der Pandemie zu evaluieren. Wenn das seriös, sachlich und wissenschaftlich gemacht wird.

Es gibt aber einen konzentrierten Push – und das nicht mehr nur aus dem extremistischen „Querdenken“-Milieu – aus politischen Gründen die Corona-Maßnahmen, die Millionen Leben gerettet haben, zu diskreditieren und im Nachhinein als Fehler darzustellen. Es sind die gleichen Wissenschaftsfeinde, die ständig Lügen verbreiten.

Cherry Picking für die politische Agenda

Nicht, dass es keine Fehler gab oder alles gut umgesetzt wurde. Ausgangssperren hat das bayerische Verfassungsgericht beispielsweise für unzulässig erklärt (Zur Erinnerung: Das wurde von der CSU beschlossen). Auch die Art der Umsetzung der Schulschließungen wird diskutiert. Wenn auch dort wieder mal mit Desinformation, und um die falschen an den Pranger zu stellen. Aber im Allgemeinen haben Maßnahmen wie das Tragen von Masken Leben gerettet. Die Impfungen haben sehr viel Leben gerettet.

Mit medialer Inszenierung der immer gleichen Akteure – auch aus dem „Mainstream“ – wird auch hier wieder versucht, eine politische Agenda durchzusetzen. Mit Desinformation. Ich habe allein in diesem Artikel 22 Studien zeigen können, die die Wirksamkeit von Masken zeigen, drei Meta-Studien aus der Pandemie-Zeit. Es ist natürlich typisch, dass ausgerechnet die umstrittene Meta-Studie viral geht, die genau das nicht zeigt. Jetzt bräuchte man etwas, das uns so gut vor Desinformation schützt wie Masken vor der Verbreitung von Corona.

Artikelbild: Studio Romantic