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Köln: Die AfD will nicht, dass du von diesem „Terroranschlag“ erfährst

von | Nov 22, 2019 | Aktuelles, Medien, Schwer verpetzt

Hast du je von diesem Vorfall erfahren?

Die Chancen stehen nicht schlecht, dass du gerade zum ersten Mal davon hörst: Am 7. April ist ein Mann in Köln absichtlich mit seinem Auto in eine Menschenmenge gefahren. Er hat den Begleiter eines Rollstuhlfahrers touchiert, habe zurückgesetzt und sei dann „zielgerichtet“ auf einen 30-jährigen zugefahren. Zehn Meter habe er ihn auf der Motorhaube mitgeschleift und leicht verletzt. Gebremst habe er nicht. Keine Eilmeldungen? Keine große Diskussionen in den Medien? Die AfD hat niemals ein Wort zum Vorfall verloren? Warum?

Es ist ja nicht so, als würde die Partei sparsam mit solchen Vorwürfen umgehen. Als ein Deutscher seine Ehefrau in Limburg angefahren und anschließend getötet hatte, sprach sie schließlich schon von „Terror“. Als ebenfalls in Limburg ein psychisch kranker Mann mit einem LKW acht Fahrzeuge gerammt hatte, nannten Alice Weidel und die AfD es ebenfalls einen „Anschlag“. Keiner der beiden Vorfälle war ein Terroranschlag. Aber die AfD hat es trotzdem behauptet, weil der erste Täter einen Migrationshintergrund hat und der kranke Mann ein Syrer ist. Und war der Fall von Köln ein „Terroranschlag“?

Alice Weidel hätte ihn sicher so bezeichnet, und die meisten hätten nicht erst ein halbes Jahr später von dem Vorfall erfahren, sondern es wäre zum Anlass der immer gleichen Hetze gegen Minderheiten gewesen, wenn der Täter irgendwie zu einem „Nicht-Deutschen“ konstruiert hätte werden können. Doch nein, er war Deutscher, also weder für die AfD, noch für die Medien wirklich interessant. Im Gegenteil, die AfD sieht nicht nur keinen Grund, den Vorfall politisch auszuschlachten, es wäre ihr sogar sehr unangenehm. Denn der Täter ist ein AfD-Funktionär.



AfD-Mann raste in Gegendemonstranten

Am Mittwoch begann der Prozess gegen den 23 Jahre alten Felix C, der Mitglied in einer Burschenschaft ist und für die AfD im Landtag von NRW gearbeitet hat. Die Anklage wirft ihm vor, mit „Knallgas“ und „zielgerichtet“ auf die Anti-AfD-Demonstranten in Köln gefahren zu sein. Während offensichtlich bereits weniger für die Einschätzung der AfD in anderen Fällen gereicht hat, um Fälle nicht nur für politisch motiviert zu erklären, sondern gleich zum „Terror“, lautet die Anklage hier nur gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, gefährliche Körperverletzung und Unfallflucht (Quelle).

Der Anwalt des AfD-Anhängers plädiert auf „Notwehr“. „Mein Mandant ist absichtlich in Notwehr auf den Zeugen zugefahren.“ Sein Mandant sieht sich nämlich als Opfer – er habe das angefahrene Opfer „vorsichtig wegschieben“ müssen, weil er beschimpft und bedroht worden sei. Die Richterin merkte an, dass er auch rückwärts hätte fahren können, anstatt auf Menschen zu. Am 4. Dezember wird weiter verhandelt, dann werden weitere Zeugen geladen.

Diese Medien-Manipulation ist absurd

Hier haben wir also einen AfD-Funktionär, der mit Absicht in eine Menschenmenge gefahren ist (ob aus „Notwehr“ oder nicht sei jetzt mal dahingestellt) und die Social Media Meute, die bei jeder Eilmeldung sofort ausrastet und über die Herkunft der Täter spekuliert, bevor man überhaupt weiß, was passiert ist, hat keinen Mucks gemacht. Dementsprechend hat die Presse auch so gut wie gar nicht über den Vorfall berichtet, fast eine Woche später gab es erst vorsichtige Berichte wie „Mann soll bei AfD-Veranstaltung in Köln in Menschenmenge gefahren sein“ (Quelle) oder „PKW fährt in Menschengruppe, Fahrer flüchtet“ (Quelle) in ein paar Lokalzeitungen.

Es ist doch sehr erstaunlich oder? Bringt ein Ehemann seine Frau in Teltow um, schweigt sich die AfD aus, instrumentalisierte lieber einen anderen Femizid am gleichen Tag (Mehr dazu). Rammt ein psychisch kranker Syrer Autos ist es ein „Anschlag“, ersticht ein psychisch kranker Deutscher Fritz von Weizsäcker sprechen die AfD-Trolle davon, dass auch hier die „ausländische Herkunft“ verschwiegen werden soll (Mehr dazu). Versteh mich nicht falsch: So wie Medien und Politik mit dem Fall in Köln umgehen sollte die Norm sein.

Keine (falschen) Vorverurteilungen, keine Spekulationen, keine Überdramatisierungen. Lasst die Justiz ihren Job machen. Nicht jede „Eilmeldung“ ist der „Beweis“ dafür, dass Deutschland plötzlich „unsicher“ geworden sei. Im Gegenteil, Deutschland ist so sicher wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr (Mehr dazu). Klingt unglaubwürdig? Da kann man sich bei der AfD bedanken und der Presse, die sich unter Zugzwang fühlt, jeden Aufreger der rechtsextremen Partei zu berichten, aus Angst, die „Lügenpresse“-Keule abzubekommen. Die sie so oder so abbekommt. Und so kommt es, dass die Presse viel öfter über Vorfälle mit Schutzsuchenden berichtet als über die von Deutschen – es gibt mehr Reichweite dank der hetzenden Meute.

Studie zeigt: Deutsche Presse stellt Nicht-Deutsche und Flüchtlinge krimineller dar, als sie sind

Die AfD manipuliert dich

Es ist ein gefährlicher Kreislauf, den die AfD mit Absicht anheizt. Du sollst nur die Straftaten von Menschen erfahren, die sie zu den „anderen“ zählen kann, damit dein Hass geschürt wird. Alles andere wird ignoriert und verschwiegen. Am Ende sollst du bei jedem Flüchtling an „Gefahr“ denken und bei jeder Straftat an Flüchtlinge. Kein Wunder, dass die gehirngewaschenen Anhänger*innen nicht mehr glauben können, dass auch Deutsche Prominente ermorden – oder in Menschenmengen rasen.

Kriminalität: So realitätsfern ist die „alternative“ Sicht der AfD-Wähler

Und wir sehen es fast wöchentlich. Während fast ausschließlich von Herkunft gesprochen wird – was keinerlei Ursache für Kriminalität ist, junge Deutsche sind dreimal so kriminell wie anerkannte Asylbewerber (Mehr dazu) – gab es in den ersten drei Quartalen 2019 14.000 rechtsextreme Straftaten. In den letzten fünf Jahren hat sich die Zahl rechter Terroranschläge verdreifacht. Und Neonazis kriegen durch die AfD Zutritt in den Bundestag. Die AfD lenkt dich mit diesen Lügen ab, während die rechte Gewalt immer weiter zunimmt.

Artikelbild: pixabay.com, CC0