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Urteile der Woche (KW 35): AfD-Stadtrat beschmiert ukrainische Autos mit Hakenkreuz

von | Sep 3, 2023 | Serie

Es gibt nicht nur immer mehr Prozesse gegen Demokratiefeinde und Extremisten – es gibt auch immer mehr Urteile. Die Abgrenzung, wer „Querdenker“, Rechtsextremist, Antisemit, Reichsbürger oder alles gleichzeitig ist, fällt uns mit dem Wegfall der Covid19-Schutzmaßnahmen immer schwieriger. Am Ende wählen die meisten ohnehin die rechtsextreme AfD oder stehen ihr ideologisch zumindest nahe. Die Übergänge verfließen immer weiter. Zugleich haben viele der Verurteilten auch deutliche Schnittmengen mit anderen demokratiegefährdenden Gruppen, sodass wir uns nun entschlossen haben, die „Querdenker“-Urteile umzubenennen. Ab sofort veröffentlichen wir die „Urteile der Woche“, und zählen darin alle Demokratiefeinde, Desinformationsverbreiter und Wissenschaftsfeinde auf. Letzte Woche berichteten wir darüber, dass es nach dem Posten von rechtsextremen Kommentaren sogar zu einem SEK-Einsatz mit Waffenfund kam:

Urteile in eigener Sache: Pankalla darf „als „Querdenker“ bezeichnet werden

Das hier ist mal eine andere Art von Querdenker-Urteil, als wir sie sonst an dieser Stelle veröffentlichen. Gordon Pankalla hat uns verklagt, u.a. weil er nicht als „Querdenker“ bezeichnet werden wollte. Wir haben uns gewehrt und dem Gericht Fakten geliefert. Also eigentlich nur das getan, was wir hier auch den ganzen Tag tun. Die Kurzversion: Wir haben die Tatsachen und die Meinungsfreiheit auf unserer Seite.

Gordon Pankalla darf als „Querdenker“ bezeichnet werden. Er hat aber angekündigt, das Urteil nicht akzeptieren zu wollen und weiter dagegen angehen zu wollen. Die Langversion und alle Begründungen des Gerichts gibt es hier:

Ukrainische Fahrzeuge mit Hakenkreuzen beschmiert: Täter war AfD-Stadtrat

Ein (jetzt zurückgetretener) AfD-Stadtrat in Baden-Baden soll nach Auffassung der Staatsanwaltschaft Baden-Baden Hakenkreuze und „Fuck UA“ auf zwei Autos geschmiert haben. Beide sollen ukrainische Kennzeichen gehabt haben. Laut Spiegel handelt es sich dabei um Martin Kühne, er ist einer von drei Ratsmitgliedern der AfD im dortigen Stadtrat. Die Staatsanwaltschaft beantragte daher eine Geldstrafe über 50 Tagessätze, zur Höhe ist nichts bekannt. Die Widerspruchsfrist endet am 08. September.

Da sich Martin Kühne seit dem Bekanntwerden der Vorwürfe nicht mehr öffentlich geäußert hat, ist derzeit noch unklar, ob er den Strafbefehl akzeptiert hat. Kurz nach den ersten Pressemitteilungen zu den Tatvorwürfen trat er jedoch zurück. Doof nur, dass man von dem gewählten Mandat nicht direkt zurücktreten kann. Die Stadt Baden-Baden schreibt dazu:

„Im Kommunalrecht Baden-Württemberg ist ein Rücktritt von Mandatsträgern nicht vorgesehen. Stattdessen ist ein Antrag auf Ausscheiden aus dem Gemeinderat aus wichtigem Grund zu stellen. Darüber entscheidet der Gemeinderat. Es ist vorgesehen, den Antrag in der nächsten Sitzung des Gemeinderats zu behandeln.“

„Aktivist Mann“ Matthäus Westfal verliert „fett teure“ Klage

Der bereits wegen Volksverhetzung verurteilte Matthäus Westfal stand wieder vor Gericht, diesmal aber weil er Klage eingereicht hatte. Lassen wir ihn einmal zu Wort kommen, am 17. August sagt er in einem Video auf Telegram: „(…) Genau. Und jetzt kommt noch ’ne Kleinigkeit, über die darf ich leider nicht großartig sprechen. Ich hab‘ geklagt gegen eine krasse Verleumdung, gegen eine heftige Diffamierung einer Zeitung gegen mich. Ich habe das Gefühl, die dürfen mich als alles Mögliche bezeichnen. Da habe ich tatsächlich verloren. In einem Fall, wo eigentlich zu 99,9 Prozent klar war, dass ich gewinnen muss, habe ich verloren. Und ja, das war auch wieder fett teuer. Danke noch mal an Gordon und seinen Partner-Anwalt, auch für die Unterstützung da, die mir da geholfen haben.“ Aktivist-Mann Matthäus Westfal auf Telegram.

Westfal schon neun Mal vor Gericht

Ähhh Moment Mal, was hören wir da? Westfal hatte (mal wieder) Gordon Pankalla als Unterstützung? Wir beruhigen uns. Pankalla darf doch jetzt „Querdenker“ genannt werden. Natürlich vertritt er dann auch „Querdenker“, oder? Westfal erzählt im selben Video übrigens auch, dass er bereits neun Mal vor Gericht stand und jetzt noch ein zehntes Mal folge. Die Staatsanwaltschaft ging im Falle von Tessa Ganserer nämlich in Berufung und fordert eine höhere Strafe. Gegen wen er diesmal geklagt hatte, ist noch unklar. Was wir jedoch wissen: insbesondere die Neue Westfälische und der Aktivist Mann haben ein nicht ganz so freundschaftliches Verhältnis zueinander. Könnte daran liegen, dass sie regelmäßig über seine Verfahren berichten und ihn entsprechend einordnen: Ein Mensch, der sich mit dem „Sturm auf den Reichstag“ und dem Foto mit der Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck selbst ganz allein in die rechte Ecke stelle, bewusst und freiwillig.

Westfälische versus Westfal

Im November 2022 schrieb die Neue Westfälische bezüglich seiner WDR-Klage (Westfal wollte keinen Rundfunkbeitrag mehr zahlen) unter anderem über ihn:

„Im zu eng geschnittenen Sakko genießt Matthäus Westfal die Bühne am Verwaltungsgericht. (…) Westfal selbst steht für ‚alternative Nachrichten‘, die er auf den eigenen Kanälen verbreitet. Sie setzen sich aus rechtspopulistischen Beiträgen, Verschwörungsgedanken und Fake News zusammen und haben rein gar nichts mit Journalismus zu tun. Damit ist Westfal aber in der Coronapandemie bekannt geworden. Mit Lügen und Hetze hat er ein Publikum gewonnen und wurde regelmäßig in TV-Beiträgen entlarvt. Allein deswegen ist der Rundfunkbeitrag mehr als berechtigt.“ (Quelle Neue Westfälische)

Artikelbild: Sebastian Gollnow/dpa/dpa-tmn/Collage