Es gibt nicht nur immer mehr Prozesse gegen „Querdenker“ – es gibt auch immer mehr Urteile. Da es mittlerweile so viele sind, fassen wir die Urteile regelmäßig in einem Sammelartikel zusammen. Letzte Woche berichteten wir darüber, wie ein Querdenker ohne groß nachzudenken Impfungen mit dem Holocaust verglichen hat. Auch möchten wir euch noch immer ans Herz legen, euch bitte als Schöff:in an euren Gerichten zu bewerben, damit die Gerichte nicht von Rechts unterwandert werden. An manchen Gerichten ist die Frist noch nicht verstrichen und man kann sich noch bewerben.
Fall 1: Dr. Daniel Langhans
Bundestagswahl 2021: Der parteifreie Bundestagskandidat Dr. Daniel Langhans aus Ulm behauptet, dass die Weltbevölkerung mit Hilfe von Corona-Impfungen reduziert werden soll. Dahinter stecke natürlich wie immer Bill Gates, kennen wir ja schon. Nicht ganz so neu ist auch, dass Querdenker auch eine erstaunliche Russland-Affinität vorweisen und der Ukraine gerne eine Mitschuld an den Übergriffen auf ihr Land geben wollen. Dr. Daniel Langhans gehört wenig überraschend auch dazu. Nachdem er bei Corona-Demonstrationen immer wieder das Rampenlicht suchte und auf vielen Veranstaltungen auch als Hauptredner auftrat, die Demonstrationen aber immer weniger Zulauf erfuhren, hat er sich ein neues Betätigungsfeld gesucht.
Auf einer Querdenker-Demo in Hannover wurde er im Mai 2022 abgeführt, als er behauptete, dass in der Ukraine “dreckiger Nationalsozialismus den Ton angeben würde”. Jetzt kam raus: Dr. Daniel Langhans wurde wegen Billigung eines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges und der Störung des öffentlichen Friedens verurteilt (§ 140 StGB und § 126 StGB). 40 Tagessätze a 60 € drohen, wenn er die Auflage, 1.000 € an eine gemeinnützige Einrichtung zu spenden, nicht erfüllt. Zwei Jahre Bewährung gibt es obendrein, er hat sich so lange straffrei zu führen.
Langhans selbst beschreibt es als Etappensieg, da die Richterin ihn nicht direkt verurteilt hat, will sich aber offen halten in Berufung zu gehen. Für ihn der Beweis, dass man ihm nichts beweisen könne. Für seine Anhänger der Beweis, dass man ihm nur einen “Maulkorb” verhängen möchte. Im Anschluss an das Video folgte dann wieder der obligatorische Spendenaufruf um die 1.000 € einzuwerben.
Im Widerstand kann man sich nicht wi(e)der-setzen
Doreen R. von der Freien Presse Sauerland ist uns schon gut bekannt. Anfang des Jahres tauchte sie bereits bei den Querdenker-Urteilen auf und ab und an befindet sie sich auch in Erzwingungshaft, da sie ihre Strafen nicht zahlt:
Diesmal stand sie erneut vor Gericht. Verhandelt werden sollten vier Beleidigungen, ein Strafbefehl über 1.500 €, sowie ihr Widerstand gegen Beamte. Laut der Wahrnehmung der anwesenden Querdenker, waren sie etwa 100 Personen, die sich da vor und in dem Landgericht Paderborn versammelten. Das Gericht habe sich angeblich von den vielen anwesenden Supportern beeindrucken lassen und daher “juristischer” gearbeitet. Eigentlich hatte das Gericht die Verhandlung nur deswegen unterbrochen, weil die drei Videos, die noch in die Beweisaufnahme einbezogen werden sollten, aus technischen Gründen nicht abgespielt werden konnten, aber Fakten interessieren Querdenker ja eher weniger.
Querdenkerlogik: mehr Urteile sollen helfen, um weniger Strafe zu kriegen
Auch generell würde man ja schon gar nicht mehr durchschauen, weil bei ihr ständig neue Dinge hinzukämen und es daher umso wichtiger wäre, dass es jetzt ein positives Urteil gibt und das besser für die kommenden Prozesse wäre. Na ja, fast. Es wirkt sich eher (straf-)verschärfend aus, wenn es bereits Verurteilungen im Vorfeld gab. Querdenker-Logik sieht das natürlich anders. Von den anwesenden Zuschauer:innen wurden die Personalien aufgenommen. Für den Fall, dass es zu Störungen im Prozess käme.
Auch Querdenkerlogik: Doreen R. stand die gesamten drei Stunden im Gerichtssaal, also buchstäblich. Sie setzte sich nicht. Auf die Aufforderungen der Richterin, sich hinzusetzen, reagierte sie nicht. Sie kam der Aufforderung nicht nach, da sie ja schließlich vor Gericht “stehe” und das Wort “Widerstand” ja auch “stehen” und nicht “sitzen” bedeute. Dann ist es ja umso erstaunlicher, dass sie sich den Ansagen der Polizei widersetzt hat. Ein Unterstützer hat sich den Prozess im Publikum daher ebenfalls im Stehen angeschaut. Aufgrund der technischen Probleme wurde der Prozess auf Dienstag, den 04.04.2023 verschoben. Hoffentlich steht sie am 4.4. nicht neben sich, denn da sollen Plädoyers gehört und das Urteil verkündet werden.
Eine dritte Querdenker-Logik am vergangenen Verhandlungstag: der letzte Prozesstag sollte eigentlich auf Montag, den 03.04.2023 terminiert werden. Doreen R., deren einzige spendenfinanzierte “Tätigkeit” offenbar das Streaming von Spaziergängen und Prozessen ist, entgegnete dann, dass sie an dem Tag aber in Münster streamen müsse. Das Gericht vertagte den Prozess daher auf Dienstag, den 04.04.2023. Für die Querdenker der Beleg, dass Spaziergänge als wichtig angesehen werden. Klar denkende Menschen kämen möglicherweise eher auf die Möglichkeit, dass sie dadurch Spenden generiert, mit denen sie dann die Strafe zahlen kann.
147 Blanko-Impfpässe & 496 Impfstoff-Aufkleber im Schlafzimmer: Geldauflage
Das Amtsgericht Bad Oeynhausen verurteilte vor wenigen Wochen einen Mann aus Löhne, der in seinem Schlafzimmer 147 Blanko-Impfpässe und 496 Impfstoff-Aufkleber gehortet hatte. Die Aufkleber enthielten die Chargennummer, sowie einen Stempel vom “Werkarztzentrum Herford”. Erworben habe er diese Sachen angeblich “aus Versehen”, da ihm das Fälscher-Zubehör unverhofft angeboten wurde – genauso wie ein gefälschter Impfpass für 100 €. Wieso er das aus Versehen gekauft hat, wurde nicht abschließend geklärt. Das Gericht stellte das Verfahren gegen die Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 900 € ein.
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