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„Bilden Sie sich fort!“: Wie cool Drosten seine Hater auf Twitter abfertigt

von | Sep 27, 2020 | Aktuelles, Corona, Social Media

„Bilden Sie sich fort!“

Der weltweit geschätzte Corona-Experte und Mitentdecker des SARS-Coronavirus Dr. Drosten, der auch den ersten PCR-Test für das neuartige Virus entwickelte (Quelle), wurde in der Corona-Epidemie wegen seiner Kompetenz und seiner sachlichen Einschätzungen medial zu einer der führenden Figuren. Aber auch wegen seiner Funktion (neben vielen anderen Wissenschaftler:innen) als Berater der Regierung wurde er zum Hassobjekt von der irrationalen Bewegung der Pandemie-Leugner und Rechtsextremen. Und das, obwohl er nicht über Notwendigkeiten von Maßnahmen wie einer Ausgangssperre mit der Regierung gesprochen hatte (Quelle). Doch die Hater hatten ihr Feindbild für ihre vereinfachte Weltanschauung gefunden.

Das Zerrbild, das von ihm gezeichnet wird, hat aber wenig mit der Realität zu tun: Drosten stellt sich nicht gerne in den Mittelpunkt, hält es für eine Tugend, der Politik eben KEINE Wege vorzuschreiben und sich da herauszuhalten – im Gegensatz zu einigen seiner Kolleg*innen (mehr dazu). Dennoch wird er von einigen regelrecht gehasst, da sie ihn als Gesicht der Corona-Maßnahmen wahrnehmen. In rechtsextremen und verschwörungsideologischen Gruppen ist er ähnlich verhasst wie Bundeskanzlerin Merkel – und erhält viele Morddrohungen (mehr dazu), welchen dort sogar applaudiert wird (mehr dazu). Was nicht heißt, dass er sich nicht gegen Hater zu wehren weiß: Prominentes Beispiel ist die Attacke von „BILD“, die gerne den Applaus der Pandemie-Leugner erhält, die nach hinten los ging.

Drosten brachte BILD zu Fall

Das Boulevard-Blatt BILD versuchte intensiv, mit schmutzigen Tricks Prof. Drosten zu diskreditieren. Unsere Kolleg*innen von BILDBlog hatten das seinerzeit exzellent zusammengefasst (hier):

Das bekannteste Beispiel: BILD versuchte, eine Studie Drostens als „grob falsch“ zu diffamieren und zitiert darin verschiedene Wissenschaftler, die das belegen sollten.

Der Trick der BILD: Sie stellte wissenschaftliche Studien und Einwände von Expert*innen unglaublich verzerrt dar. Sie reduzierte die wissenschaftliche Debatte zu einem Schauspiel mit verschiedenen Meinungen und Positionen, die richtig liegen und falsch. Das ist ein generelles Problem in der Berichterstattung über Corona, bei BILD wird es jedoch als Waffe im Kampf um Meinungshoheit genutzt. Gehen wir mal kurz in die Details: Eine Studie von Prof. Drosten (hier) untersuchte die Ansteckungsrate von Kindern. Seine Untersuchung zeigt: Kinder könnten genau so ansteckend sein.

Eine andere Studie, die in „Science“ publiziert wurde, suggerierte, Kinder hätten ein geringeres Ansteckungsrisiko. Das ist aber kein Widerspruch und selbst wenn es so wäre: So funktioniert die Wissenschaft – mit einer Studie ist es nie getan. Ist die Studie Drostens „grob falsch“? Nein. Es ist die bewusste Falschdarstellung durch die BILD-Verantwortlichen, so zu tun, als hätte Drosten nicht nur felsenfest behauptet, Kinder seien genau so ansteckend, sondern dass er es sogar politisch motiviert gemacht hätte. Nichts davon ist wahr.

„Ich habe Besseres zu tun“

Der Höhepunkt der Frechheit der BILD war jedoch, Prof. Drosten eine Anfrage zur Stellungnahme zu ihrer geplanten Hetze zu schicken – mit gerade mal einer Stunde Reaktionszeit. Diesen manipulativen Versuch des Meinungsblattes ließ Prof. Drosten aber eiskalt abblitzen, veröffentlichte die Mail auf Twitter und stellte so die perfide Methodik des Blattes so bloß.

Prof. Drosten ist nicht nur ein führender Experte zu Corona, sondern anscheinend auch darin, den Hetz-Methoden der BILD den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Denn wie Chefredakteur Reichelt in dutzenden Tweets beklagte: Da Drosten (rechtlich völlig zulässig) die BILD-Hetze entlarvte, bevor die Zeitung sie veröffentlichte, drehte sich der Diskurs nicht um die Falschdarstellungen des Blattes, sondern darum, wie manipulativ sie wie immer arbeitet. Drosten legte sogar nach und entlarvte die vermeintliche „interne Kritik“ auch als eine BILD-Manipulation:

Die ganze Geschichte haben wir hier ausführlich dokumentiert. Auch, wie sich die vom Boulevard-Blatt angeführten Experten reihenweise von diesem schmutzigen Angriff distanzierten:

Keiner nimmt sie mehr ernst: BILD-Hetze gegen Drosten geht nach hinten los

„Bilden Sie sich fort“

Neben seinem informativen Podcast über Corona (Hier) hat er allein 2020 bereits 40 wissenschaftliche Studien (mit-)veröffentlicht, das meiste zu Corona (Quelle). Stand Juni 2020 hatte er insgesamt 391 paper veröffentlicht und wurde von anderen Expert:innen 21613 mal zitiert. Das ist beachtlich.

Manchmal hat Dr. Drosten aber anscheinend auch nicht besseres zu tun. Besonders in den letzten Wochen nimmt sich der Virologe die Zeit, laienhafte Behauptungen seiner Hater auf Twitter zu zerlegen. Wie hier von einem Hausarzt, der sich öffentlich blamierte:

Oder er fertigt „polemische und emotionale“ Stellungnahmen ab:

Er hat auch kein Problem damit, Falschinformationen von Kolleg:innen zurückzuweisen, die anscheinend Gefallen daran gefunden haben, von realitätsfernen Pandemie-Leugnern Applaus zu bekommen:

Er widerspricht sogar unbedeutenden, AfD-nahen Blogs vom rechten Rand, die nonstop Desinformation verbreiten. Die Fake News sind so plump, Drosten kann sie mit einem Tweet widerlegen, wie man sieht. Dr. Drosten müsste sich nur angewöhnen, solchen Fake-News-Schleudern nicht durch mentions Reichweite zu geben. Beim Lügen erwischt zu werden ist für die ja eine Auszeichnung. Wir haben das hier mal für ihn korrigiert:

Doch die Hater vom rechten Rand lassen nicht locker. Drosten aber auch nicht. Hier bezeichnet Drosten diesen Hater als „ekelhaft“. Dabei handelt es sich immerhin um ein führendes Mitglied einer AfD-nahen Stiftung und Mitglied eines kontroversen Mini-Vereins innerhalb der CDU, der sich dafür einsetzt, sich der rechtsextremen AfD zu öffnen (Quelle). Und dessen erste Reaktion nach dem rechtsextremen Mord an seinem Parteikollegen Walter Lübcke durch einen AfD-Aktivisten war, „Hetze gegen die rechte Szene“ zu beklagen“ (Quelle).

Fazit: „SIe sind nun blockiert“

Wir als Land können uns glücklich schätzen, einen gefassten Experten wie Dr. Drosten zu haben. Er ist sicherlich ein Faktor, warum Deutschland laut einem Index von Forbes derzeit sogar das sicherste Land der Welt ist, um die Pandemie zu überstehen. Es tut aber auch gut, dass Drosten keine Skrupel hat, aktiv gegen Falschdarstellungen und Hetze seiner Hater vorzugehen. Auch in der seriösen Presse wird durch zugespitzte Überschriften oftmals eine verzerrte Darstellung seiner Positionen präsentiert, welche er dann richtig stellen muss (mehr dazu).

„Pandemie geht erst richtig los“: Wie Drosten medial verzerrt dargestellt wird

Die große Mehrheit der Bevölkerung ist sicher dankbar, dass Drosten nicht nur Corona fertig macht, sondern auch Hater und ihre Desinformationen. Und noch dazu immer so sachlich bleibt. Aber vielleicht sollte Dr. Drosten mit Hetzer:innen, insbesondere vom rechten Rand, öfter mit seinem ebenfalls viral gegangenen Zitat bedenken: „Sie sind nun blockiert“. Im Gegensatz zur Fachwelt gibt es in Social Media viele Akteur:innen, die nicht ohne böse Absicht argumentieren, Worte verdrehen und lügen. Drosten sollte solchen Personen keine Reichweite geben, denn „auf diesem Niveau kommt man nicht ins Gespräch“. Er sollte diese öfter blockieren und lieber weiter aufklären und forschen. Um den Rest können Seiten wie wir uns kümmern.

Zum Thema:

Sorry, Aluhüte: Wo die Doktorarbeit von Drosten ist? Hier: Wir haben sie ausgeliehen

Artikelbild: Christian Drosten / Screenshots twitter.com


Unsere Autor:innen nutzen die Corona-Warn App des RKI: