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Querdenker-Urteile (KW 23): Corona-Maßnahmen waren angemessen

von | Jun 11, 2023 | Serie

Es gibt nicht nur immer mehr Prozesse gegen „Querdenker“ – es gibt auch immer mehr Urteile. Da es mittlerweile so viele sind, fassen wir die Urteile regelmäßig in einem Sammelartikel zusammen. Letzte Woche gab es Neuigkeiten von den Leuten, die Prof. Karl Lauterbach entführen wollten. Sie werden als Terrorgruppe eingestuft:

Allein durch die ganzen Informationen, die durch die Anklageschrift bekannt wurden, sollte man „Querdenker“ endlich als das ansehen, was sie sind: Gefährder unserer Demokratie! Übrigens nicht das erste Mal, dass Querdenker mehr oder weniger konkrete Mordpläne schmiedeten:

In den Urteilen in dieser Woche zeigen wir, dass die „Querdenker“ die ganze Zeit fundamental Unrecht hatten. Völlig egal, was sie sich in ihrer Wahnwelt seit Jahren einreden, es steht jetzt endgültig fest: Die Corona-Maßnahmen waren grundsätzlich angemessen. Das sagen nicht wir, das hat das Bundesverwaltungsgericht gerade festgestellt. Sorry, „Querdenker“: Ihr habt verloren und hattet nie Recht.

Bundesverwaltungsgericht: Corona-Maßnahmen waren angemessen.

In der Berliner Kneipe Scotch & Sofa fand im Juli 2020 die Neugründung der „Querdenker“-Partei „dieBasis“ statt. Mitten in der Covid19-Pandemie und mitten in Beschränkungen, die der Eindämmung des Virus dienen sollten. Übrigens waren die Maßnahmen erfolgreich im Vergleich zu anderen Ländern. Die Gründungsveranstaltung fand sogar zweimal statt. Beim ersten Mal hat die Polizei die Veranstaltung aufgrund der geltenden Schutzmaßnahmen aufgelöst. Beim zweiten Mal auch. Tja, war wohl nicht ganz so klug, den Livestream dazu übers Internet zu streamen.

Nicht nur die Kneipe, auch andere Betriebe haben im Anschluss vor verschiedensten Gerichten geklagt, um zu beweisen, dass die Schließungen und Umsatzeinbußen (die übrigens finanziell durch den Staat kompensiert wurden) nicht gerechtfertigt seien. Ihr kennt es schon aus den Urteilen der letzten Wochen: „Querdenker“ haben nicht nur Probleme, sich an Regeln und Gesetze zu halten. Sie haben auch Probleme, die Entscheidungen der Gerichte zu akzeptieren.

Das ist einer der Gründe, wieso sie ständig Berufung einlegen und in die nächste Verhandlung gehen – um dann wieder zu verlieren.

Wer „gewinnt“ hier eigentlich wirklich?

Ein weiterer Grund kann die „gute“ Beratung der Verteidiger:innen sein, die fast ausschließlich ebenfalls aus dem Querdenkermillieu kommen. Der „Vorteil“ für die Verteidiger:innen liegt nämlich ganz einfach darin, dass sie das Mandat weiterführen können. Das bringt am Ende dann wieder Geld in die Kasse der Verteidiger:innen. Und da so Prozesse oft von Spendenaufrufen begleitet werden, könnte der ein oder andere Prozess ein ganz schön lukratives Geschäft sein. Aber das möchten wir selbstverständlich niemandem unterstellen.

Recht haben und Recht bekommen sind zwei Paar Schuhe, heißt es immer. Querdenker denken, dass sie immer Recht haben und Recht bekommen werden. Die Realität zeigt nur, dass weder das eine noch das andere als allgemeingültig angesehen werden sollte:

Kommen wir zurück ans Gericht

Bis zum Bundesverfassungsgericht geklagt haben diesmal ein Hotelbetreiber aus Sachsen, sowie zwei Gastronomiebetreiber aus dem Saarland. Die Betreiber des Scotch & Sofa waren nicht dabei, allerdings wurde ihnen nach den Vorfällen auch der Mietvertrag gekündigt. Das Scotch & Sofa ist an der Stelle Geschichte. Und auch wenn die Maßnahmen längst aufgehoben sind und sie ihre Zeit und Energie in die Bewirtschaftung ihrer Betriebe stecken könnten, um Umsatz zu generieren, war es ihnen dennoch wichtig im Nachhinein zu klären, ob die Regelungen aus der zweiten Welle in 2020 so in Ordnung waren oder nicht.

Ergebnis: die „Schließung von Gastronomiebetrieben Ende Oktober 2020 auf der Grundlage der infektionsschutzrechtlichen Generalklausel (war) möglich“, wie das Bundesverwaltungsgericht in der Pressemitteilung schreibt. Weiter: „Die der Bekämpfung der COVID-19-Krankheit dienende Schließung von Gastronomiebetrieben konnte (…) unabhängig von einem Krankheits- oder Ansteckungsverdacht in der betroffenen Gaststätte eine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne von § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG sein. „

„Querdenker“ gehen auch jetzt noch nach Aufhebung aller Maßnahmen regelmäßig „spazieren“, da sie die Demokratie und den Rechtsstaat gefährdet sehen. Jetzt wurde ihnen jedoch erneut gezeigt, dass die Gesetze eingehalten werden (sollten), dass die Gerichte funktionieren und sie aufgrund der geduldeten Demonstrationen wohl doch in einem ziemlich demokratischen Land leben. Sie werden dennoch weiterhin ein anderes Narrativ verbreiten. Faktenfremd, wie schon seit Beginn der Covid19-Pandemie.

Bundesarbeitsgericht: Impfverweigerin durfte gekündigt werden

Einer medizinischen Fachangestellten aus Ludwigshafen, die seit Februar 2021 in einem Krankenhaus beschäftigt war, durfte im Juli 2021 gekündigt werden, weil sie die Schutzimpfung gegen das Covid19-Virus verweigerte. Für die gekündigte Frau stellte es ihrer Auffassung nach einen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot dar. Sie sei erst ab März 2022 zu einer Impfung verpflichtet gewesen und dürfe nicht benachteiligt werden, nur weil sie in zulässiger Weise ihre Rechte wahrnehmen würde.

Zu der Zeit versuchten einige Impfgegner aus dem medizinischen Bereich sowohl die Impfung als auch die Kündigung herauszuzögern. Sie hofften teils, dass sie sich in der Zeit infizieren würden und dann Dank des Genesenennachweises um eine Impfung herumkommen würden. Teils hofften sie auch, dass es doch nicht zur Durchsetzung der Impfpflicht in ihrem Sektor kommt. Teilweise wurde eine Kündigung auch vermieden, indem man sich einfach arbeitsunfähig schreiben ließ und man somit nicht mehr zur Vorlage eines Impfausweises gebeten wird. Alle diese Methoden zeigen jedoch den eigentlichen Charakter dieser Leute: sie handeln zutiefst egoistisch und null im Sinne der Solidarität oder dem Gemeinwohl. Ein Schlag ins Gesicht für die Teamkollegen, die in Zeiten der absoluten Personalknappheit auch noch diese Schichten mit abdecken müssen.

Die medizinische Fachangestellte ging durch alle Instanzen, bemühte das Landesarbeitsgericht und nun das Bundesarbeitsgericht. Das Ergebnis: „Das wesentliche Motiv für die Kündigung war nicht die Weigerung der Klägerin, sich einer Impfung gegen SARS-CoV-2 zu unterziehen, sondern der beabsichtigte Schutz der Krankenhauspatienten und der übrigen Belegschaft vor einer Infektion durch nicht geimpftes medizinisches Fachpersonal. Dabei ist es rechtlich ohne Bedeutung, dass die Kündigung vor Inkrafttreten der gesetzlichen Impfpflicht erklärt worden ist. Auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten bestehen keine Bedenken an der Wirksamkeit der Kündigung.“ (Bundesarbeitsgericht 18/23).

Drei Gerichte später bleibt die Frau dennoch gekündigt und wird wohl obendrein noch die Verfahrenskosten tragen dürfen.

Bundesgerichtshof bestätigte Einweisung in die Psychiatrie

„SHAEF-Commander“ Thomas J. wurde in die Psychiatrie eingewiesen, da er verschiedene Leute regelmäßig hinrichten lassen wollte und auf verschiedenste Arten zum Tode „verurteilte“. Ein Gutachter bescheinigte, dass die wahnhafte Störung „kaum zu behandeln“ sei. Wir berichteten vor einigen Wochen bereits über ihn und hatten uns ernsthaft gewünscht, dass er dort die Hilfe bekommt, die er dringend benötigt:

Vergangene Woche erhielten wir die Informationen, dass er unmittelbar nach Bestätigung des Urteils im März in der Psychiatrie verstorben sei. Laut „NWZ“-Bericht starb J. eines natürlichen Todes. Eine Obduktion der Leiche ergab keinen Hinweis auf Fremdverschulden. Für uns keine Nachricht, die wir mit Häme oder gar verspottend verbreiten. Ganz im Gegenteil: Das ist ein tragisches und bedauernswertes Schicksal. Man hat sein Treiben viel zu lange belächelt, ihn nicht ernst genommen und nicht rechtzeitig interveniert, als man ihn eventuell noch hätte therapieren können. Vielleicht hätte es gar nicht so weit kommen müssen, wenn er keine Gelegenheit gehabt hätte, sich so zu radikalisieren, befeuert durch Anhänger seiner Kanäle.

An der Stelle folgender Lesetipp: Thomas Stompe – Vom Wahn zur Tat. Das Buch erschien bereits lange vor Beginn der Corona-Pandemie, zeigt aber erstaunlich viele Parallelen zu aktuellen „Querdenkern“, Reichsbürgern & Co. auf. Es zeigt, wie schnell Menschen final durchdrehen können und den Bezug zur Realität völlig verlieren können. Im Gegensatz zu den bösartigen Unterstellungen der „Querdenker“ wollen wir ihnen helfen – wir waren schließlich nicht diejenigen, die Lügen und Desinformation über gefährliche Viren oder rettende und sichere Impfungen verbreitet haben, um von dem angerichteten Schaden zu profitieren.

Artikelbild: canva.com