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Querdenker-Urteile (KW 10): Mutter verbot Kindern Schule – 2,5 Jahre lang

von | Mrz 12, 2023 | Serie

Es gibt nicht nur immer mehr Prozesse gegen „Querdenker“ – es gibt auch immer mehr Urteile. Da es mittlerweile so viele sind, fassen wir die Urteile regelmäßig in einem Sammelartikel zusammen. Letzte Woche berichteten wir über die Schließung der Reichsbürger-Banken, auch möchten wir euch noch immer ans Herz legen, euch bitte als Schöff:in an euren Gerichten zu bewerben, damit die Gerichte nicht von rechts unterwandert werden.

Geldstrafe für erheblich vorbestraften Querdenker

Im August 2022 berichteten wir über die Anklage des erheblich vorbestraften Querdenkers, Reichsbürgers und Ex-AfD-Mitglieds Jörg L. Er soll Ende November 2021 dazu aufgerufen haben, dass andere den Erbacher Bürgermeister Peter Traub (unabhängig) bedrohen sollen. Auch sollten dessen Frau sowie die Kinder in Angst und Schrecken versetzt werden. Er begründete seine Klage nicht etwa mit seinem strafbaren Verhalten im Internet, sondern viel mehr damit, dass „dieses Land zu einem Willkürstaat der Vetternwirtschaft und Parteiendiktatur verkommen“ sei. 

Im Prozess zeigte er sich geständig, betonte aber, er habe dem Bürgermeister nur seine Meinung sagen wollen. Wieso er nicht den Postweg oder die Mail genutzt hat und stattdessen lieber in einer Telegram-Gruppe schrieb, in welcher Peter Traub gar nicht Mitglied war: unklar. Sah das Gericht übrigens anders, denn immerhin schrieb L.: „Jetzt sollte es an der Zeit sein, dem Traub die Stirn zu bieten“, sowie: „(…) Demo vor seiner Haustür – er muss bedrängt werden“ und „Die Familie fühlt sich dann nicht mehr sicher“, „Auch mal die eine oder andere laute Drohung“.“

Genau deswegen wurde L. nun auch zu 70 Tagessätzen zu je 30 € verurteilt (Gesamtsumme 2.100 €). Im Hinblick auf seine gesammelten Vorstrafen ein erstaunlich mildes Urteil, immerhin sprach Bürgermeister Traub im Interview davon, dass er durchaus Angst um seine Familie hatte.

Bürgermeister Peter Traub zeigte sich über die Anklage erleichtert: „Für mich ist es unerheblich, ob L. tatsächlich gewaltbereit ist oder nur ein loses Mundwerk hat.“ Es bestehe immer die Gefahr, dass „Trittbrettfahrer den Aufruf zur Gewalt ernst nehmen“, sagte er gegenüber dem Portal Main-Spitze. Und gegenüber der Hessenschau: „Dass die Drohung auch explizit gegen seine Familie gerichtet war, fand er „perfide“.

Kinder 2,5 Jahre nicht zur Schule geschickt: Masken, Tests und Lüften seien zu „gefährlich“

Für gewöhnlich wählen Eltern eine Privatschule ja, weil sie ihrem Nachwuchs nur das Beste wünschen. Erstklassige Bildung, Pädagogik und kleine Lerngruppen. In Philippsburg musste sich nun eine Karlsruher Mutter vor dem Amtsgericht verantworten, da sie ihre Kinder über 2,5 Jahre nicht zur Schule geschickt hat. Die Begründung der Reichsbürgerin war natürlich nicht die Gefahr des Virus, sondern: das Tragen von Masken, die Durchführung von Tests und das ständige Lüften sei zu gefährlich und für die Kinder nicht zumutbar. Angeblich gäbe es durch die Tests nicht nur „Schmerzen“ in der Nase, sondern auch eine „Art Mobbing“, wie die Badischen Neuesten Nachrichten berichten. Die Kinder blieben daher über sehr lange Zeit Zuhause. Zwar gab es seitens der Schule wohl einen Laptop für den Fernunterricht, der wurde jedoch – Überraschung – wegen einer angeblichen „Strahlungsgefahr“ kaum bis gar nicht genutzt.

Das Schul- bzw. Ordnungsamt schauten dem Treiben nicht reglos zu, sondern verhängte schon frühzeitig entsprechende Zwangsgelder gegen die Mutter – aber vergebens. Der von der Staatsanwalt Philippsburg beantragte Strafbefehl wegen Verletzung der Fürsorge und Erziehungspflicht wurde von der Mutter abgelehnt, sie legte Einspruch ein. Daher kam es nun zum Prozess, in welchem sie von „Coronoia-„Anwältin Beate Bahner vertreten wurde.

An anderer Schule unterrichtet …?

Laut der Mutter seien die Kinder in der Zwischenzeit an einer Schule unterrichtet worden, die „kurz vor der Genehmigung“ stehen würde. Nach Zeugenbefragungen aus dem Regierungspräsidium stellte sich allerdings heraus, dass davon keine Rede sein könne. Weder würde eine Lehrerliste vorliegen, noch ein Gebäude für den Unterricht, lediglich ein Konzept des Vereins lag vor. Einer der Referenten dieses Vereins sei jedoch für esoterische Konzepte bekannt.

Am Ende wurde das Verfahren gegen Zahlung von 900€ vorläufig eingestellt. Weiterhin muss die Mutter ihre beiden Kinder innerhalb von zwei Wochen an öffentlichen Schulen unterbringen und den regelmäßigen Schulbesuch dem Gericht monatlich nachweisen. Mit dem Väter einer der beiden Kinder gibt es zudem einen Sorgerechtsstreit, auf den sich der aktuelle Prozess eher negativ auswirken dürfte.

Maskenverweigerin im Verwaltungsgebäude: Geldstrafe und Bewährung

Ohne Maske, ohne 3G-Ausweis, aber mit filmendem Handy und Begleiter erschien eine Frau im Dezember 2021 in der Verwaltung in einem Ort nahe Neumünster. Sie wolle lediglich schnell den Reisepass ihrer Tochter abholen. Die Sicherheitsmitarbeiterin verweigerte ihr den Zutritt zum Gebäude, da sie die geltenden Vorschriften nicht bereit war einzuhalten. Daraufhin wurde die Mitarbeiterin gefilmt und inklusive Dienstausweis im Internet veröffentlicht. Dort soll das Video vielfach geteilt worden sein. Auch die hinzugerufenen Polizist:innen wurden gefilmt und ebenfalls veröffentlicht ohne, dass sie damit einverstanden gewesen wären.

Die Angeklagte schwieg zu dem Vorwurf. Das Verfahren wurde so gelöst, dass sie sich für die nächsten sechs Monate straffrei verhalten und zudem 600 € (in monatlichen Raten zu je 100 €) an das Erholungswerk der Polizei zahlen soll. Wie die sh:z in ihrem E-Paper Ende Februar berichtete, zeigte sich die Angeklagte mit dem Vorschlag des Gerichts einverstanden.

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