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Querdenker-Urteile der Woche (KW 1): Neue Strafen für Busfahrer Brauner

von | Jan 8, 2023 | Serie

Schon wieder ist ein Jahr ist vorbei. Zugleich ist es das erste Jahr, in welchem wir anfingen, die Urteile gegen Querdenker zu sammeln und regelmäßig zu veröffentlichen. Da es mittlerweile so viele sind, fassen wir die Urteile regelmäßig in einem Sammelartikel zusammen. Erst dachten wir, das wäre ein kurzfristiges Projekt, doch im Laufe der Zeit entwickelte es sich zu einer wöchentlichen Serie. Im November gab es allerdings sooo viele Urteile, dass wir die Urteile der Woche in zwei Teilen und auch schon vorab veröffentlicht haben: Teil 1, Teil 2. Mitunter haben wir uns auch die Prozesse „live“ angeschaut sofern es sich ergab, da nicht alle Prozesse immer auch in der Presse landen. Den Artikel der letzten Woche findet ihr hier: Kalenderwoche 52:

Weinheimer Ärztin für 4200 falsche Atteste verurteilt: Strafe reicht der Staatsanwaltschaft aber noch nicht aus!

Bedenkt man, wie oft wir hier jetzt schon über falsche Maskenatteste berichtet haben, verwundert es doch schon, dass zwischen 2020 und 2022 überhaupt noch jemand da draußen mit Maske zu sehen war. Bei so vielen zu Unrecht ausgestellten Maskenattesten war die Freude über den vermeintlichen Sieg über die „Coronadiktatur“ jedoch nur von kurzer Dauer. Die ersten Anklagen kamen recht schnell. Allein 4.200 der unzähligen Atteste sollen von einer Weinheimer Ärztin ausgestellt worden sein. Damit soll sie laut Angabe des Amtsgerichts Weinheim 28.000€ eingenommen haben. In einer Mitteilung des Gerichts hieß es: „Der Vorgang erinnert eher an einen Verkauf von Attesten als an eine medizinische Maßnahme“. Geholfen habe ihr dabei eine Bürokraft, eine Angestellte der Praxis.

Sie soll die Atteste bundesweit ausgestellt haben ohne die Patient:innen zuvor untersucht zu haben – ganze 4.200 Mal. Akten gab es zu den Patient:innen ebenfalls keine. Aus ihrer Überzeugung heraus habe sie die Atteste ausgestellt. In ihrer Realität würden Masken nämlich zu Re-Infektionen führen.

Verteidigerin irritiert mit „Terrorprozess“-Aussagen

Nicht nur bezeichnete die Verteidigerin der Bürokraft, Beate Bahner, den Prozess vor dem Amtsgericht Weinheim als „Terrorprozess“, auch soll sie wiederholt Nazi-Vergleiche gezogen haben und soll davon geredet haben, dass ein „totalitäres Corona-Regime“ herrsche. Ob sich daraus weitere Verfahren für die Verteidigerin ergeben (haben), ist uns aktuell nicht bekannt. Nichtsdestotrotz kennen auch wir bereits Beate Bahner aus den letzten Jahren und berichteten mehrfach über sie:

Es gab insgesamt zwei Strafen

Die Bürokraft erhielt „nur“ eine Strafe in Höhe von 90 Tagessätzen zu je 30€. Vertreten wurde die Ärztin übrigens vom in der Querdenkerszene bekannten Ivan Künneman, der zuletzt ein Vorstandsmitglied der Partei die Basis in Osnabrück vor Gericht vertrat. Das Gericht blieb damit knapp unter einer Vorstrafe. Ebenso sah das Gericht von einer Freiheitsstrafe auf Bewährung ab, da sie nur auf Anweisung ihrer Chefin gehandelt habe.

Die Weinheimer Ärztin hingegen bekam eine Freiheitsstrafe: zwei Jahre und neun Monate, keine Bewährung. Des Weiteren sollen die 28.000€ eingezogen werden, die sie durch die Straftat eingenommen haben soll. Obendrauf kam noch ein dreijähriges Berufsverbot zuzüglich zu dem sofort verhängten Betätigungsverbot. Im Gegenzug zu vielen anderen Urteilen nahm sie die Strafe sogar an, rechtskräftig ist das Urteil dennoch nicht. Die Staatsanwaltschaft forderte dreieinhalb Jahre Haft, sowie ein dreijähriges Berufsverbot. Die Staatsanwaltschaft Mannheim hat kurz nach dem Urteil Berufung eingelegt, da ihr das Strafmaß als zu gering erscheint.

Es bleibt also abzuwarten, ob es bei den Strafen verbleibt oder ob sie sich noch verändern werden.

Telegram-Hetzer verglich Journalisten mit der SS: Urteil rechtskräftig

Das Amtsgericht Osnabrück hat eine Geldstrafe in Höhe von 3.000€ gegen einen „Querdenker“-Admin einer Telegramgruppe „Grundrechte Osnabrück“ verhängt. Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass der Admin den Journalisten Jörg Sanders (Neue Osnabrücker Zeitung) beleidigt haben soll. Zitat des Beitrags: „(…) Menschen Wie Sie (…) wären damals, 33 – 45 Freudestrahlend mit ausgestrecktem Arm mitgelaufen und hätten Andersdenkende in die Kammern geschickt. Was damals in braun *SS* und *SA*, sind heute in schwarz, Schmutzschreiber wie Sie und die Antifa“ (Rechtschreibfehler so übernommen).

Der Journalist selbst positioniert sich allerdings kontinuierlich gegen Rechtsextremismus, so dass es mehr als absurd ist, ausgerechnet ihn in die rechte Ecke zu stellen.

Der Journalist erstattete umgehend Anzeige, die final zu 60 Tagessätzen zu je 50€ geführt hat. Durch die eingetretene Rechtskraft kann der Journalist nun auch zivilrechtliche Ansprüche gegen den Verurteilten geltend machen. Die Summe könnte damit noch wachsen. Im Nachgang an das Urteil pöbelte der Admin weiter, so dass unmittelbar die nächste Strafanzeige folgte. Dieses Verfahren wurde aber eingestellt, da sich der Admin auf interessante Art „verteidigt“ hatte:

Dieses eingestellte Verfahren scheint ihm wieder mehr Selbstbewusstsein gegeben zu haben, so dass er keine drei Monate später nun die dritte Anzeige erhalten hat. Er nannte Sanders einen „linksextremistischen Faschoschwurbler“ (was ein ebenso abenteuerliches, wie sinnloses Kofferwort ist):

Wer weiß, vielleicht sehen wir ihn ja demnächst erneut bei den Querdenker-Urteilen der Woche.

Ex-Busfahrer Brauner wieder vor Gericht

Thomas Brauner wurde in der Pandemie bekannt als der Busfahrer, der Kinder aufforderte, ihre Masken abzusetzen. Auch sonst ist er in der Querdenker-Szene kein Unbekannter, wie dieser Gastbeitrag belegt:

Brauner selbst gilt als gerichtserfahren, so war er bereits mehrmals als Angeklagter wegen verschiedenster Delikte vor Gericht. So auch wieder einmal im Dezember 2022. Hier ging es um mehrere Fälle, in denen Brauner Menschen gefilmt und im Internet veröffentlicht haben soll – ohne deren Einverständnis einzuholen. Die ihm vorgeworfenen Straftatbestände: Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes, Beleidigung von Polizisten, Hausfriedensbruch, sowie Verstöße gegen das Recht am eigenen Bild und Freiheitsberaubung.

Zudem kam Nötigung als weiterer Anklagepunkt hinzu, als er im September 2020 als Schulbusfahrer in Probezeit mitten in einem Ort anhielt. Laut Aussage von t-online spielte sich dann folgende Szene ab: „Dort forderte Brauner die Kinder auf, ihre Handys auszuschalten und verkündete: „Ihr könnt jetzt eure Masken abnehmen.“ Dabei filmte er sich, drehte dann noch eine Aufnahme, in der die Kinder auf Kommando jubeln sollten.“ Die angeklagte Nötigung und Freiheitsberaubung konnte am Ende nicht nachgewiesen werden. Für die Veröffentlichung eines Gesundheitspasses der NSDAP mit Hakenkreuz im Netz wurde er ebenfalls nicht verurteilt.

Brauners Vorgehen „sittlich verwerflich“

Die Richterin nannte Brauners Vorgehen dennoch „sittlich verwerflich“, da er gezielt Kinder instrumentalisieren wollte. Sie kritisierte zudem auch seine geschmacklosen Vergleiche zur NS-Zeit.

Von den gefilmten anderen Personen äußerten sich viele, dass sie sich eingeschüchtert fühlten oder gar einen Shitstorm über sich ergehen lassen mussten. Die verbreiteten Aufnahmen haben sie psychisch stark unter Druck gesetzt.

Nach 15 Verhandlungstagen sprach das Amtsgericht Sömmerda in Thüringen nun das Urteil. Er wurde wegen Beleidigung, Hausfriedensbruch und weiteren Taten zu 16 Monaten auf Bewährung (3 Jahre) verurteilt. Das Smartphone wurde als Tatmittel gewertet und daher ebenfalls eingezogen. Statt der üblichen Geldstrafe setzte die Richterin jedoch dieses Mal auf Sozialstunden – insgesamt 300 Stunden. Die Begründung: seine Anhänger würden ihm das Geld sonst spenden.

Lange Vorstrafenliste: Bewährung überrascht

Wieso es bei dem langen Bundeszentralregisterauszug von Thomas Brauner noch eine Bewährungsstrafe gab, ist für uns etwas schwer nachzuvollziehen. Sein Bundeszentralregisterauszug weist 17 Vorstrafen auf, darunter: Delikte wie Körperverletzung, Diebstahl, Steuerhinterziehung, Beleidigung, Betrug, Unterschlagung und Erschleichens von Leistungen wie endstation-rechts.de und Tagesspiegel berichteten.

Kündigt sich schon das nächste Verfahren an?

Eventuell folgt bald schon das nächste Verfahren. Wie der Tagesspiegel am 05.01.2023 berichtet, soll Brauner bei einer Veranstaltung einen Hitlergruß auf der Bühne gezeigt haben. Für Brauner ist so eine Bewegung aber anscheinend eine von vielen „Körperbewegungen, die einem nicht bewusst sind“. Ahja.

Der YouTuber Hey Wolfi hat sich übrigens auch schon näher mit Thomas Brauner befasst, dem er auch Sympathien zu Putin vorwirft:

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Artikelbild: Shutterstock