2.660

Umfragen: Mehrheit unzufrieden mit Merz als CDU-Chef

von | Jul 27, 2023 | Aktuelles

Friedrich Merz schließt eine Zusammenarbeit mit der AfD auf kommunaler Ebene nicht mehr aus. Das gab er zu verstehen, nachdem die AfD im Thüringer Landkreis Sonneberg erstmals einen Landrat stellt. Schließlich müsse man Wege finden, um lokale Entscheidungen gemeinsam zu treffen. Nach rechten Äußerungen zu ‚Sozialtouristen‘ und Warnungen vor Cancel Culture ist es jedoch auch über diese Begründung Merz‘ hinaus nicht weiter verwunderlich, dass sich sein Rechtsruck mit Standpunkten der AfD verträgt. Die AfD dürfte von dieser Bereitschaft zur Kooperation weiter profitieren – schließlich gewinnt sie seit Monaten auch an CDU-Wähler:innen. Die CDU machen solche Aussagen jedoch weiterhin unbeliebt. Merz‘ Strategie geht nicht auf. Ganz im Gegenteil: Er ist einer der unbeliebtesten Politiker:innen, auch unter CDU-Wähler:innen.

Merz‘ rechte Narrative vergraulen CDU-Wählern

Friedrich Merz ist Anfang 2022 als CDU-Chef angetreten. Beim digitalen Parteitag im Januar 2022 konnte er 94,62 Prozent der Stimmen für sich gewinnen. Seine Mission: Der Partei starke Führung und einen klaren Kurs bieten. Seine Parteikolleg:innen erhofften sich von ihrem Vorsitz klare Ansagen sowie ein konservatives Profil ohne Rechtsruck. Dennoch bestand schon im Dezember 2021 bei einigen die Befürchtung, letzteres stehe mit Friedrich Merz als CDU-Vorsitz bevor.

Eine Befürchtung, die sich mit Blick auf Merz‘ aktuelle Bereitschaft zur kommunalen Kooperation mit der AfD als nicht ganz unbegründet herausstellt. Doch diese Bereitschaft kommt nicht aus dem Nichts. Ihr steht eine Reihe rechtspopulistischer Aussagen voran, die letztlich der CDU geschadet und der AfD genützt haben. Schließlich zeigte eine Studie bereits Ende 2022, dass rechtsradikale Positionen in konservativen Parteien nicht dafür sorgen, rechte Wähler:innen für sie zu gewinnen. Stattdessen wandern CDU-Wähler:innen an rechtsextreme Parteien ab, deren Standpunkte plötzlich viel salonfähiger klingen.

Denn wenn jemand wie Friedrich Merz die „Cancel Culture“ zur größten Bedrohung der Meinungsfreiheit stilisiert, mit Nazijargon über ukrainische Geflüchtete spricht und pro-russische Fake-News verbreitet oder die Grünen als ‚Hauptgegner‘ bezeichnet, warum kann man dann nicht ebenso gut die AfD wählen, die ähnliche Ansichten teilt? So möglicherweise der Gedankengang vieler ehemaliger CDU-Wähler:innen, die unter Merz‘ rechtem Kurs zur AfD gewechselt sind.

Merz sogar unbeliebter als Scholz

Und nicht nur die CDU leidet unter dem Rechtsruck – auch der Vorsitzende selbst macht sich mit seinem Kurs immer unbeliebter. Das ergeben jüngste Umfragen. Laut eines im Juli 2023 erhobenen Deutschlandtrends ist Merz im Vergleich zu neun anderen Politiker:innen deutschlandweit unter den drei unbeliebtesten. Auf die Frage „Sind Sie mit der politischen Arbeit von … zufrieden oder nicht zufrieden?“ zeigten sich 63 Prozent der Befragten mit Merz‘ Arbeit unzufrieden. Ebenso viel Negativ-Stimmen erhielt nur FDP-Politiker Lindner und die beiden wurden einzig von Robert Habeck der Grünen übertroffen. Eine ähnliche Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa weist sogar darauf hin, dass gerade mal nur 26 Prozent mit Merz‘ Arbeit zufrieden sind, während 65 Prozent es nicht sind. Damit ist Merz als Oppositionsführer sogar unbeliebter als Scholz – keine gute Bilanz für jemanden, unter dem sich die CDU von ihrem Wahldebakel erholen sollte.

Screenshot: statista.com

Bereits im Juni gab zudem eine Umfrage von INSA, die die Bild am Sonntag in Auftrag gegeben hatte, Aufschluss über Merz‘ Standing bei CDU-Wähler:innen. Auch diese sind nicht gerade zufrieden mit dem CDU-Chef. Lediglich 34 Prozent glauben, dass er seinen Job gut macht. Damit liegt Merz hinter Partei-Kollegen wie Markus Söder mit 45 Prozent oder Hendrik Wüst mit 39 Prozent. Im NRW-Trend vom Juni ist Hendrik Wüst der beliebteste hypothetische CDU-Kanzlerkandidat – sowohl auf das gesamte Bundesland als auch auf CDU-Anhänger:innen gerechnet.

Quelle

Auch in Hinblick auf das Kanzleramt trauen viele CDU-Wähler:innen Merz nicht zu, es mit Olaf Scholz aufzunehmen. Während Söder Scholz in den Umfragen mit 31 zu 30 Prozent übertraf, wäre Merz dem amtierenden Kanzler mit 16 zu 25 Prozent unterlegen.

Quelle

Merz‘ Rechtskurs funktioniert weder für die CDU noch für ihn selbst

Merz‘ jüngste Bereitschaft zur kommunalen Kooperation mit der AfD und erneute Annäherung an die Rechtsextremen macht klar: Er möchte von seinem Rechtskurs nicht ablassen. Ihn scheint wenig zu beeindrucken, dass er mit seiner Strategie CDU-Wähler:innen vergrault und sich selbst Unmut einheimst. All jene Wähler:innen, die der konservativen Partei trotz des rechten Kurses treu geblieben sind, machen derweil deutlich, was sie von Merz‘ Strategie halten – und wünschen sich sogar eher eine Kooperation mit der Linken als mit der AfD.

Die Fronten in Wählerkreisen sind also geklärt, bei Merz jedoch scheint diese Tendenz noch nicht anzukommen. So macht er fröhlich weiter, obwohl sein rechter Kurs die CDU nicht (wie von Merz offensichtlich erhofft) stärker macht. Stattdessen schwächen rechte Narrative sie seit Monaten und sorgen für einen gefährlichen Zuwachs bei der rechtsextremen AfD. Das gefällt weder der Mehrheit der Deutschen, noch der CDU. Wie lange noch?

Artikelbild: Michael Kappeler/dpa (Merz)