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Querdenker-Urteile der Woche (KW 25): 140 Hausdurchsuchungen in einer Woche

von | Jun 25, 2023 | Serie

Es gibt nicht nur immer mehr Prozesse gegen „Querdenker“ – es gibt auch immer mehr Urteile. Oder wie heute Hausdurchsuchungen. Da es mittlerweile so viele sind, fassen wir die Urteile regelmäßig in einem Sammelartikel zusammen. Zuletzt berichteten wir von mehreren Urteilen aus den obersten Instanzen, bei denen Querdenker mal wieder verloren haben:

Man mag meinen, dass Corona schon lange „vorbei“ sei – die juristische Aufarbeitung geht an manchen Orten jedoch gerade erst so richtig los. Immer mehr Netzwerke werden aufgedeckt. Diese Woche gab es für die „Querdenker“ ganz viel Besuch. Nicht etwa, weil irgendein Querdenker-Gedächtnistag ausgerufen war und sie sich deshalb noch einmal alle gemeinsam versammelt haben. Der Besuch erfolgte eher unangemeldet von Ordnungsämtern, Staatsanwaltschaften und verschiedenen Polizeidirektionen. Waren Querdenker noch von Anfang an gegen Kontaktbeschränkungen und wollten sich mit möglichst vielen Menschen gleichzeitig treffen, fanden sie diese Besuche nun eher doch nicht so toll und hätten sich lieber in ihren Räumen isoliert.

Wie gut Isolation und Kontaktbeschränkungen sein können, haben wir damals schon im großen Bhakdi-Faktencheck aufgeführt. Dort konnten wir 33 Bhakdi-Fakes auf Anhieb entlarven. Bei Fake 17 und 28 gibt es weitergehende Informationen zu Kontaktbeschränkungen. In dem Fall, wo die Behörden jedoch Kontakt aufnehmen wollen, hilft eher Kooperation.

Captain Future: in Corona-Zeiten Hauspartys, jetzt Hausdurchsuchung

„Captain Future“ aka Michael Bründel wurde bereits verurteilt wegen Landfriedensbruchs, öffentlicher Aufforderung zu Straftaten, Anstiftung zum Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte sowie des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte. Er hatte auf einer Querdenker-Demo die Menge angeheizt, Polizeiketten mit Gewalt zu durchbrechen. Er glaubt abstruse Verschwörungen, zuletzt erregte er Aufsehen, als er auf dem Friedhof nach Bluetooth Signalen von Geimpften suchte. 

SPIEGEL TV durfte ihn bereits Zuhause besuchen, dort erzählte Captain Future dann auch von seinen „legendären“ Partys. Im Bericht wird deutlich, dass er schon im Vorfeld die ein oder anderen Polizeieinsätze in seiner Wohnung hatte:

YouTube player

Am 14.06.2023 fand eine erneute Hausdurchsuchung bei Captain Future statt. Es ging um ein von ihm auf TikTok hochgeladenes Video mit dem Titel „Lauterbach zum Rückzug gezwungen“ aus dem letzten Oktober. Im Durchsuchungsbeschluss heißt es: „Bei der Wiedergabe sind schussähnliche Knallgeräusche zu vernehmen, die als Aufforderung zur gewaltsamen Entfernung des Bundesministers für Gesundheit verstanden werden sollten.“ (Quelle: YouTube-Kanal der Freedom Parade von Captain Future, Selbstauskunft). Auf seinem YouTube-Kanal postete er das Video in seinem Statement direkt ein weiteres Mal.

Deutschlandweiter Großeinsatz wegen sächsischer Ärztin

Eine Ärztin aus Sachsen hat in der Zeit der akuten Covid19-Pandemie ein Netzwerk „zur Ausstellung von Gefälligkeitsattesten“ aufgebaut, wie Matthias Meisner auf Twitter berichtet. Verdient haben soll sie damit mindestens 60.000 €, wir haben im März über ihre Festnahme berichtet:

Die ersten Durchsuchungen erfolgten bereits im März. Jetzt kamen 142 weitere Durchsuchungen in insgesamt neun Bundesländern hinzu. Durchsucht wurden neben Wohnungen auch Praxen, 174 weitere Atteste konnten ebenso wie weiteres Beweismaterial sichergestellt werden. Bei den Sammelterminen soll es „im Minutentakt“ Atteste zu einem Preis von jeweils 25 € gegeben haben – egal ob es eine Indikation dafür gab oder nicht. Diese „Sammeltermine“ sollen an verschiedenen Orten stattgefunden haben, u.a. in Kooperation mit Bestattungshäusern und entsprechender Gewinnbeteiligung. Gehen wir davon aus, dass die 60.000 € aus der Anklage stimmen, dürfte es sich um 2.400 Fälle handeln, in denen die Ärztin gegen das Gesetz verstoßen hat.

Die Tagesschau berichtet, dass sich bei vorherigen Durchsuchungen im September unter den Verdächtigen auch vier sächsische Polizisten befanden, die Atteste bekommen haben sollen. Nicht nur gegen die ausstellende Ärztin wird ermittelt, auch gegen die Personen, die sich solche Atteste haben ausstellen lassen, werden nun von einer extra eingerichteten Kommission Ermittlungen aufgenommen.

Angeklagter Arzt erscheint nicht vor Gericht – Haftbefehl

Der 73 Jahre alte Dr. Gerhard H. erschien vergangene Woche nicht zu einem Hauptverhandlungstermin. Das war insofern schlecht, als er höchstpersönlich der Angeklagte ist. Er ist angeklagt, da er u.a. 176 Patient:innen „leere Spritzen“ ins Gesäß gespritzt haben soll. Die Kriminalpolizei wurde daraufhin um Amtshilfe gebeten und sollte ihn polizeilich vorführen. Der Hausbesuch blieb jedoch ohne Erfolg – der 73-Jährige befindet sich auf der Flucht! Über drei Stunden wurde nach ihm gefahndet, dann wurde aufgegeben. Die Richterin erließ daher einen Haftbefehl. Insgesamt waren 24 Verhandlungstage angesetzt, denn das Ausmaß seiner Taten war viel weitreichender.

Die Staatsanwaltschaft geht nach bisherigem Ermittlungsstand nämlich von 314 „gefälschten“ Erst- und Zweitimpfungen aus. SPIEGEL berichtet weiterhin: „Daneben soll der Allgemeinmediziner bei impfkritischen Bürgern als Anlaufstelle bekannt gewesen sein, um Bescheinigungen ohne Impfung zu erhalten. Er soll laut Anklage in mindestens 49 Fällen solche nicht vorgenommenen Impfungen bescheinigt haben. In der Szene soll dies als »Schonimpfung« bekannt gewesen sein.“

Artikelbild: shutterstock/canva