7.150

Der häufigste Vorname bei Messer-Angriffen in Berlin: Christian!

von | Mrz 22, 2023 | Aktuelles

Wer hat Angst vor der Christian-isierung des Abendlandes? Wer hat nicht einen Lehrer, Nachbarn oder Freund namens Christian – oder ist gar mit einem verwandt oder liiert? Sie sind mitten unter uns, überall, jederzeit. Wohl dem, der keinen Christian kennt. Das dürften aber die allerwenigsten hier sein. Und das ist gefährlicher, als die meisten bisher dachten. Denn Christian, das zeigen neue Zahlen, veröffentlicht von der Berliner Innenverwaltung, ist der häufigste Vorname von Deutschen, die 2022 Messerattacken in Berlin begingen.

Du kennst zwar einen Christian, aber den magst du eh nicht so gerne und bleibst eher auf Abstand? Good for you, aber wie sieht es mit Alexanders in deinem Umfeld aus? Die waren nämlich im Jahr zuvor, also 2021, für die meisten Messerattacken verantwortlich.

Die Zahlen wurden veröffentlicht, auf Anfrage der AfD. Die versucht immer nämlich wieder, Möglichkeiten für die Durchsetzung rassistischer Narrative zu entdecken. Ihr reicht es nicht, zu erfahren, dass ein Tatverdächtiger Deutscher war. Um hetzen zu können, erfragt sie die Vornamen. Ihr wisst schon, in der Hoffnung, so einen Hinweis auf den „Ariergrad“ der Tatverdächtigen zu erhalten. Die Schlagzeile, dass Christians und Alexander für die meisten Messerattacken verantwortlich sind, ist der AfD aber natürlich keinen Aufschrei wert. Warum? Sind Messer-Angriffe weniger schlimm, wenn die Täter dabei weiß sind? Tut das weniger weh?

Es ist nicht das erste Mal, dass ein derartiger Hetz-Versuch der AfD nach hinten losgeht. 2019 passierte im Saarland das gleiche ebenfalls. Aber aufgepasst, die Strategie geht trotzdem auf: Irgendwo wird irgendwann mal der erste Vorname nicht Michael oder Christian heißen, sondern Ali zum Beispiel und dann rasten die Rassisten wieder aus und fühlen sich bestätigt. Weil sie selektiv die und nur diese Fälle wahrnehmen und berichten. Die Einzelfälle, ja.

Das ist natürlich Quatsch

Natürlich braucht niemand Angst vor Christian oder Alexander haben. Und auch nicht vor Mohammed oder Ali. Christian und Alexander sind beides sehr häufige Vornamen in Deutschland. Die Tatsache, dass diese Namen die Liste der Namen von Messerangreifern anführen, lässt keine Schlüsse zu, dass Christians oder Alexander besonders gerne Messerattacken begehen. Und genau so wäre es auch, würden Namen wie Mohammed oder Ali die Liste anführen. Was aber sicher ist: Würde Mohammed auf Platz eins der Liste stehen, dann würden garantiert sämtliche Schmutzblätter und Rassisten des Landes versuchen, daraus eine Nachricht zu machen und damit weiter Hetze antreiben.

Okay, sparen wir uns also das leidige Hin und Her über Migrationshintergrund oder nicht. Es ist eine Million mal gezeigt worden, wie fehlgeleitet die Debatte ist. Deutschland wird seit Jahren immer sicherer, die Gewaltkriminalität geht zurück. Die meisten Straftaten begehen Deutsche. Und die „Überproportionalität“ ist auch nur ein Mythos. Wer es ausführlich und mit Quellen belegt mag, lese hier nach:

Und wie mit den Zahlen von „Messer-Attacken“ getrickst wird, könnt ihr hier nachlesen.

Und hier noch über eine Studie, die den Mythos widerlegt:

Vielleicht machen Vornamen gar nicht kriminell?

Ansonsten kurz zusammengefasst: Ein vorhandener Migrationshintergrund ist eine Eigenschaft, die auf einen Großteil der Jugendlichen in Großstädten zutrifft. Eine homogene Gruppe, von der sich Menschen mit Migrationshintergrund klar als anders abgrenzen lassen, gab es nie und wird es nie geben. „Die Aussagekraft, dass viele der Beteiligten einen Migrationshintergrund haben, wird immer geringer oder tendiert gegen null. Demografisch gesehen wäre es eher erstaunlich, wenn die nicht die Mehrheit der Beteiligten stellen würden.“ erklärt der Ethnologe Jens Schneider im Zusammenhang mit der Debatte um die Silvesternacht in Neukölln.

Allerdings gibt es durchaus ein gemeinsames Merkmal im Zusammenhang mit Gewalt, über das es sich lohnt zu sprechen. Und das ist Männlichkeit. Denn es sind Männernamen, die die Liste der Vornamen anführen, die für Messerattacken verantwortlich sind. Genauso wie Männer fast alle Gewaltstatistiken dominieren. Es gibt einen Grund, dass wir über Christian sprechen und nicht über Christina.

Männlichkeit ist zerbrechlich – und muss mit Gewalt bewiesen werden

Psychologie und Geschlechterforschung sehen den Grund für die enge Korrelation zwischen Männlichkeit und Gewalt in dem, was gemeinhin unter Männlichkeit verstanden wird. Denn nach wie vor herrscht ein Verständnis dessen, was als männlich gilt vor, in dem Macht, Durchsetzungskraft, Dominanz und Ignoranz wesentlich sind. Das Problem ist: Diese Werte und der Gedanke, dass sich durch sie Männlichkeit ausdrücken, ist konstruiert, also nicht natürlich. Das heißt, eine so verstandene Männlichkeit ist nicht einfach so da, sondern muss immer wieder hergestellt oder vorgeführt werden. Und kann entsprechend auch kaputtgehen.

Sie ist fragil und zerbrechlich, nicht selbstverständlich. Um als „echter Mann“ zu gelten, muss eine Person möglichst dominant und ignorant auftreten, egal ob sie da Bock drauf hat, ob es ihrem Naturell oder ihrer Einschätzung der Situation entspricht oder nicht. So lange Männlich-sein also als erstrebenswert gilt und so verstanden ist, dass sie sich durch Dominanz und Ignoranz ausdrückt, wird Gewalt männlich bleiben und werden Gesellschaften ein Maß an Gewalt erdulden müssen, dass nur existiert, um die Fragilität der Männlichkeit zu schützen.

Klingt unnötig? Oh ja. Also: Lasst uns endlich starre Geschlechtsvorstellungen über Bord werfen! Damit wir uns in Zukunft nicht mehr über Geschlecht oder Vornamen von Menschen, die Messerattacken durchführen, unterhalten müssen – sondern einfach (fast) keine Messerattacken mehr haben!

Artikelbild: Canva