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Die gruseligsten Highlights der AfD-Europawahl-Liste

von | Sep 5, 2023 | Analyse

Der Volksverpetzer hatte sich bereits Anfang August dem Rechtsextremismus des AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl, Maximilian Krah, gewidmet. Nun kristallisiert sich aber immer deutlicher heraus: Bei der AfD-Liste für die Europawahl liegt einiges im Argen. Nicht nur seien Lebensläufe einiger Kandidat:innen gefälscht. Dies legt zumindest eine t-Online-Recherche zumindest für Arno Bausemer (Listenplatz 10) und Mary Khan-Hohloch (Listenplatz 14) nahe. Darüber hinaus verkündete die AfD erst kürzlich, aus gegebenem Anlass die Lebensläufe aller Kandidat:innen zu überprüfen. Neben t-Online haben das auch mal einfach selbst gemacht. Ein Blick in die politischen Ansichten der Kandidat:innen macht außerdem deutlich: Ein Großteil der 34 Listenplätze, die auf Maximilian Krah folgen, stehen ihm – geschönte Lebensläufe hin oder her – ideologisch in nichts nach. Hier die gruseligen High- bzw. Lowlights der AfD-Liste für die Europawahl.

Listenplatz 2 glänzt mit antisemitischen Codes und rassistischen Verbindungen

Beginnen wir mit Listenplatz 2. Petr Bystron ist bereits seit 2017 Mitglied des Deutschen Bundestages, nun möchte er auch ins Europäische Parlament. Sympathien versucht er – in typischer AfD-Manier – mit Hetze gegen Geflüchtete, Verschwörungserzählungen und Verbindungen nach rechts außen zu gewinnen. So bediente er während der Pandemie die Erzählung der Zwangsimpfung durch sogenannte „Globalisten“ – ein antisemitischer Codebegriff, das er durch den Verweis auf „die Schwabs, Soros, Gates“ entsprechend untermalte. Ganz ähnlich wie auch ein Maaßen.

Auch betont er, der Islam gehöre nicht zu Deutschland und herrschte Tschechien 2016 an, keine „Terroristen“ ins Land zu lassen. Zeit Online benannte Bystron bereits 2018 als einen derjenigen AfD-Abgeordneten, die Rechtsextreme beschäftigen. Demnach schreibt einer seiner Angestellten für die Zeitschrift Sezession, verlegt vom gesichert rechtsextremen und verfassungsfeindlichen „Institut für Staatspolitik“ von Götz Kubitschek, mit dem sich bereits Maximilian Krah gemein machte. Ein anderer war als Autor des NPD-Parteiblatts Deutsche Stimme tätig.

Falls seine politische Einstellung bisher unklar gewesen sein sollte: 2018 gratulierte er dem rechtsradikalen Jair Bolsonaro zum Wahlsieg – dem brasilianischen Politiker, der während seiner Amtszeit als Präsident Brasiliens immer wieder mit rassistischen, homophoben und frauenfeindlichen Aussagen auffiel. Letzteres trifft möglicherweise auch auf Bystron selbst zu, dem AfD-Parteikollegin Corinna Miazga sexistische Kommentare ihr gegenüber vorwarf. 2018 genoss Bystron zudem während einer Reise ein Schießtraining in Südafrika, das er ausgerechnet bei den „Suidlanders“ absolvierte, einer rechtsextremistischen, südafrikanischen Organisation, die sich laut eigener Aussage auf einen bevorstehenden Rassenkrieg vorbereite. 2023 entlarvte das Recherchezentrum Correctiv zudem Bystrons heimliche Reise nach Belarus. Auf all das folgt die (wenig überraschende) abschließende Information, dass Bystron in der Vergangenheit aufgrund von „Anhaltspunkten für verfassungsfeindliche Bestrebungen“ vom Bayerischen Verfassungsschutz beobachtet wurde. Das Bundesamt für Verfassungsschutz nennt Bystron mehrfach namentlich in seinem Gutachten, welches die Einstufung der AfD als Prüffall begründet, unter anderem wegen dessen Nähe zur rechtsextremen Identitären Bewegung

Listenplatz 3: René Aust, der Höcke-Gehilfe

Ein Blick auf das Instagram-Profil von René Aust sagt womöglich schon alles, was es zu wissen gibt: Das neueste Bild, gepostet am 10. August 2023, zeigt ihn mit dem rechtsextremen Fraktionsvorsitz der AfD Thüringen, dem Faschisten Björn Höcke. Der Mann, dem ein Gericht bescheinigte, dass man ihn auf „einer überprüfbaren Tatsachengrundlage“ als Faschist bezeichnen darf. Dieser Mann:

Die Thüringer Allgemeine bezeichnet Aust denn auch als „einen der wichtigsten Höcke-Gehilfen“. Er war sogar von eben jenem zum Europakandidaten vorgeschlagen worden. Und auch Aust warnt (schreiend) vor einer angeblichen „Masseneinwanderung“, die demnach eine Gefahr für die europäische Zivilisation darstelle – wie könnte man auch mehr Originalität in rechten Verschwörungsmythen erwarten?

Listenplatz 4 auf Reisen: Mit Querdenker-Spenden um die Welt

Noch so eine AfD-Europawahl-Kandidatin mit entlarvenden Kontakten in mehr als fragwürdige Szenen – diesmal auf besonders absurde Weise: Laut t-online Recherchen ließ sich Christine Anderson, die bereits seit Mai 2019 im Europaparlament sitzt, von kanadischen Querdenkern auf eine Reise durch Kanada ausführen. Hin- und Rückreise seien laut Anderson nicht von den Covid-Maßnahmen-Gegner:innen gezahlt worden, wohl aber Übernachtungen in teuren Hotels in Toronto und Montreal.

Vor Ort nahm Anderson an Demonstrationen teil, zu denen sie mit Vorträgen und Interviews beitrug. Im Teaser zum entstandenen Film heißt es, Christine Anderson teile die Wahrheit über die „globalistische Agenda“ – erneut: antisemitische Verschwörungserzählung. In der 34-minütigen Dokumentation betont sie mehrmals, dass Covid-Maßnahmen ein Verstoß gegen gängige Demokratien gewesen seien.

Listenplatz 5 Fodert ein Döner-Verbot!

Listenplatz Nummer 5, Alexander Jungbluth, scheint das ähnlich zu sehen. Im SWR Kandidatencheck für die Landtagswahl 2021 in Rheinland-Pfalz sagte er, die Corona-Pandemie habe ihm gezeigt, dass „Regierungen Krisen dazu nutzen, den Bürgern ihre Freiheiten zu nehmen“. Erfolg hatte er keinen. Bei der Europawahl versucht er nun erneut sein Glück. Wofür er antritt? „Eine deutsche Kultur in Deutschland, eine französische Kultur in Frankreich und eine italienische Kultur in Italien.“ Mit Einbezug des Kontexts bedeutet das: Jungbluth möchte nicht nur Dönerläden und Shishabars, sondern auch Trattorien und französische Bistros aus Deutschland verbannen. Also, um es mit der Rhetorik der AfD zusagen: Ein Döner-Verbot!

Übrigens: Selbstverständlich finden sich auch in Jungbluths Annalen rechtsextreme Verbindungen, das gehört bei der AfD inzwischen zum guten Ton. Während seines Studiums der Volkswirtschaften war er Mitglied der Burschenschaft Raczeks zu Bonn, der eine Recherche des Spiegel 2012 Verbindungen zum Rechtsextremismus nachwies. Ein Jahr später wandte sich Jungbluth dann der Jungen Alternative zu, die das Bundesamt für Verfassungsschutz im April als „erwiesen rechtsextremistisch“, seit Juni wieder als Verdachtsfall einstuft. Selbst sagt Jungbluth über sich: „Ich bin ein Kandidat der Mitte der Partei.“ Das ist für normale Menschen halt trotzdem immer noch extrem weit rechts.

Listenplatz 6 liefert pseudo-intellektuelle Täter-Opfer-Umkehr

Marc Jongen, promovierter Philosoph und AfD-Listenplatz Nummer 6 für die Europawahl, bietet beinahe so viel Stoff wie sein Vorgänger Bystron. Vor wenigen Jahren galt er unter AfD-Mitgliedern und Beobachter:innen noch als „Vordenker“ oder „Chefideologe“ der Partei. Er definierte sich durch pseudo-intellektuelle Abhandlungen über dieses und jenes, was bei näherer Betrachtung aber besonders negativ hängen bleibt, ist folgendes:

Während Jongen den damaligen Parteikollegen Wolfgang Gedeon wegen dessen Antisemitismus kritisieren wollte, schrieb er selbst beispielsweise, die AfD könne fortan nicht „die leiseste Kritik […] an den schädlichen Wirkungen des internationalen Finanzkapitals äußern“, ohne des Antisemitismus‘ bezichtigt zu werden. „Internationales Finanzkapital“ wiederum ist ein gerne verwendeter, strukturell antisemitischer Code. 2017 bezeichnete er dann den strukturellen Rassismus in Deutschland als „so gut wie ausgestorben“ und drehte schließlich den Spieß um, indem er ein Jahr später vom fiktiven „Rassismus gegen Deutsche“ sprach. Auch bezeichnete er die Einwanderung von Geflüchteten 2017 als „Migranteninvasion“, die einen „Akt der Gewalt“ darstelle. Alles klar.

Listenplatz 7 nimmt sich rechtsextreme, belgische Partei zum Vorbild

Gemeinsam mit Christine Anderson sitzt auch Platz 7, Markus Buchheit, bereits seit 2019 für die AfD im EU-Parlament. Im Gespräch mit dem BR-Politikmagazin Kontrovers stilisiert Buchheit die rechtsextreme Partei Vlaams Belang aus Belgien zum Vorbild der AfD. Ihr Auftritt in den sozialen Medien sei professioneller als der AfD. Wovon er sich nun konkret eine Scheibe abschneiden möchte, bleibt unklar, der BR benennt vonseiten eines Abgeordneten der Vlaams Belang Partei jedoch mindestens Hetze gegen Migrant:innen, LGBTQ-Aktivist:innen und den Islam.

Listenplatz 8 hat Angst vor Regenbogen

Ebenso wie Bystron steht auch Listenplatz 8, bekleidet von Hans Neuhoff, in Verbindung mit der rechtsextremen Zeitschrift Sezession, die vom rechtsextremen Götz Kubitschek herausgegeben wird. Wenn er nicht gerade Vorträge auf Veranstaltungen des Magazins hält, warnt Neuhoff vor „Regenbogenpropaganda“ an Kindertagesstätten. Offenbar fühlte sich der Vater bedroht von einer Erzieherin, die seinem Sohn im Kindergarten gesagt habe, er könne auch ein Mädchen sein. Die Verbreitung solchen „wissenschaftlichen Unsinns“ geschehe laut Neuhoff „in staatlichem Auftrag“. Belegen kann er diese Behauptung nicht

Listenplatz 9 möchte eigentlich zu den Identitären

Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, könnte man hier treffend konstatieren, schließlich stammt Irmhilf Boßdorf Deschner von Günther Deschner ab, der sich mit Texten und Filmen für rechtsextreme und neurechte Medien einen Namen machte. Auch ihr Mann und ihre Kinder gehören der Neuen Rechten an. Auf sich aufmerksam machte Boßdorf aber nicht nur mit diesem familiären Standing, laut der Süddeutschen Zeitung punktet sie bei ihren Parteikolleg:innen mit dem Jargon der rechtsextremen Identitären. Also alles wie immer. Sie spricht von „Remigration“ – dem rechtsextremen Codewort für Massendeportationen, „menschgemachtem Bevölkerungswandel“ und „Bevölkerungsaustausch“, den es zu stoppen gelte. Auch hier wieder die rechtsextreme Verschwörungstheorie, auf die sich schon mehrere Massenmörder beriefen. Und wem das nicht alarmierend genug erscheint: Es sind eben solche Schlagworte, mit denen die Identitäre Bewegung eine „massive ausländerfeindliche Agitation“ zum Ausdruck bringt, die das Bundesamt für Verfassungsschutz auf den Plan ruft.

Listenplatz 10 hat dieses Stück mit seinen betrügerischen Machenschaften überhaupt erst inspiriert

Da ist er nun, der erste der beiden mutmaßlichen Hochstapler:innen, die sich mit falschen Behauptungen im Lebenslauf rühmen sollen. Arno Bausemer behauptete demnach, ein Volontariat beim MDR absolviert zu haben. Das „Volontariat“ ging allerdings nur neun Monate und es handelte sich laut Angaben, die der MDR gegenüber dem Spiegel machte, lediglich um ein Volontariatspraktikum – also keine abgeschlossene Berufsausbildung. Bereits bei seiner Bewerbung für das Amt des Landesschatzmeisters der AfD 2016 in Sachsen-Anhalt schummelte sich Bausemer anscheinend durch: Statt von einer „Begabtenförderung“ der Friedrich-Naumann-Stiftung sprach er von einem „Hochbegabten-Stipendium“. Weil die AfD Bausemer trotz dieser Falschangaben fürs Europaparlament geeignet sieht, lohnt ein Blick auf seine politischen Ambitionen. Er spricht sich – wie so viele andere AfD-Politiker:innen – für den „Schutz“ der EU-Außengrenzen und zudem einen „Dexit“ aus.

Listenplatz 11 posiert bevorzugt vorm Führer-hauptquartier. Mit Hand vor der Brust.

Listenplatz Nummer 11 ist mit Siegbert Droese ein weiterer Kandidat, der zum (besonders) rechtsextremen Flügel gezählt wird. Die passende politische Ausrichtung machte er selbst mehr als deutlich, als er sich 2018 mit Hand am Herz vor der Wolfsschanze, dem ehemaligen Führerhauptquartier Adolf Hitlers, ablichten ließ. Und damit nicht genug: Eine Parteikollegin warf ihm außerdem vor, mit Hitlerbuchstaben im Autokennzeichen durch die Gegend zu fahren. Letzteres legt auch der Stern 2016 nahe. Während seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter von 2017 bis 2021 beschäftigte Droese einen Grafikdesigner, der in der mecklenburg-vorpommerischen Neonaziszene tätig, sowie eines der führenden Mitglieder der Identitären Bewegung war.

Listenplatz 12 als weiteres JA-Mitglied

Froelich ist seit 2019 stellvertretender Bundesvorsitzender der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative und belegt Listenplatz 12 für die Europawahl. Bereits ersteres sagt viel über seine politischen Bestrebungen aus, schließlich gilt die Junge Alternative beim Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall – nachdem sie kurzzeitig sogar als gesichert rechtsextremistisch zählte.

Listenplatz 13 schwimmt im rechten AfD-Einheitsbrei

Anja Arndt belegt Listenplatz 13, ist seit 2022 Kreisvorsitzende der AfD Ostfriesland und wirft der EU „zerstörerische Verordnungen und Richtlinien“ vor, „die unsere Freiheit Stück für Stück zerstören“. Vom Rest der AfD hebt sie sich mit dieser Einstellung nicht groß ab, auch ansonsten ist wenig über die politische Einstellung der Politikerin bekannt.

Listenplatz 14 beschert möglicherweise die zweite Betrugsnummer in AfD-Rängen

Da hätten wir Nummer zwei der mutmaßlichen Hochstapler:innen, Nummer 14 der AfD-Liste. Über Mary Khan-Hohloch gebe es möglicherweise nicht viel zu sagen, würde man ihr nicht denselben Schachzug wie Bausemer vorwerfen. Demnach habe Khan-Hohloch in ihrem Lebenslauf fälschlicherweise angegeben, neben ihrem Studium vier Jahre Berufserfahrung außerhalb der Politik mitzubringen. Das aber soll aufgrund ihres Alters und des frühen Engagements in der Jungen Alternative (erneut: rechtsextremistischer Verdachtsfall) kaum möglich sein.

Listenplatz 16 relativiert die SA

Während Listenplatz Nummer 16 für die Europawahl in Form von AfD-Politiker Volker Schnurrbusch Landtagsabgeordneter in Schleswig-Holstein war, tauchte auf der Facebook-Seite der schleswig-holsteinischen AfD ein Symbol der SA auf. Für den Facebook-Auftritt war Schnurrbusch zur besagten Zeit verantwortlich, sodass schließlich seine Immunität aufgehoben und seine Büroräume durchsucht wurden. Das Kieler Landgericht entschied schließlich, dass jene Untersuchung rechtswidrig war, da sich der Facebook-Post von der SA distanzierte, indem diese mit „der Antifa“, die nicht einmal eine derartige Organisation ist, gleichgestellt wurde.

Listenplatz 17 liebäugelt mit Höcke

Die taz identifiziert Jens Kestner, Listenplatz 17 für die Europawahl, als „Fan von Björn Höcke“. Genug gesagt.

Listenplatz 18 hielt sich fälschlicherweise für einen Professor

Obgleich bei Gunnar Beck bislang nichts zu Beschönigungen seines Lebenslaufs bekannt ist, wissen wir sehr wohl, dass er sich in der Vergangenheit mit fremden Titeln geschmückt hat. 2022 wurde er wegen Titelmissbrauchs zu einer Geldstrafe in Höhe von 9.200 Euro verurteilt. Denn anders als er behauptete, war er gar kein Professor. Dennoch sitzt er bereits seit 2019 für die AfD im Europaparlament und ließ sich im Oktober 2021 vom russischen Parlament eine Reise nach Moskau bezahlen, wo er zur Wahlbeobachtung abgestellt wurde. Beobachtung der russischen Wahlen durch von Russland finanzierte Wahlbeobachter? Richtig gehört.

Listenplatz 19 pflegte Verbindungen zu Mann, der mit VW in Antifa-Demo fuhr

Julian Flak, Listenplatz 19 für die Europawahl, ist stellvertretender Landesvorsitzender der AfD Schleswig-Holstein. Eine der wohl spannendsten Infos über den Politiker beläuft sich auf seine Verbindung zu einem rechtsextremen Mann, der wegen versuchten Totschlags angeklagt ist, nachdem er mit seinem VW in eine Antifa-Demo gefahren war. Der Prozess dauert an, das Urteil steht noch aus.

Listenplatz 21 rühmt sich mit belanglosen, äußerlichen Merkmalen

Wie so viele seiner Kolleg:innen appelliert Lars Haise, Listenplatz 21, an eine „Festung Europa“, die angeblich „illegale Masseneinwanderung“ stoppen solle. Warum er darüber hinaus ein geeigneter Kandidat fürs Europaparlament sei? Weil er „männlich, weiß, deutsch und heterosexuell“ sei, so der Politiker. Weiter sagt er: „Ich bin gut genug, die Wolkenkuckucksheime und den Import von Messerstechern und die ganzen Gestalten mit skurriler sexueller Identität zu finanzieren.“ Populistisches, rechtsextremistisches Gedankengut par excellence. Beim AfD-Parteitag in Magdeburg maß er sich dann an, „als jemand aus dem Volk“ für das gesamte „Volk“ sprechen zu können. Es folgt weiteres, typisches AfD-Gefasel. Ich bin sicher, in ein oder anderen Punkt möchten einige widersprechen.

Listenplatz 22 – oder: Mitgefangen, mitgehangen.

Erich Heidkamp scheint unter den AfD-Europakandidat:innen beinahe sowas wie eine Ausnahme darzustellen. Seit 2019 ist er Abgeordneter im Hessischen Landtag und fungiert als europapolitischer Sprecher der AfD-Fraktion. Laut einem Porträt, das 2018 in der FAZ erschien, hadert er mit dem Rechtsruck der AfD. Es klingt fast, als sei die AfD mehr zufällig, durch Ausschlussverfahren der anderen Parteien, zu seinem Sprachrohr geworden: „Es läuft einiges falsch in Deutschland. Wo sollte ich denn sonst hingehen?“ Dennoch geht der Rechtsruck der AfD rapide weiter und Heidkamp ist noch immer da. Er möchte zwar nicht im Rahmen einer Demo neben Pegida-Mitgründer Lutz Bachmann laufen, wohl aber neben Maximilian Krah und Petr Bystron um einen Platz im Europäischen Parlament kandidieren.

Listenplatz 23 und das rechte Narrativ der eingewanderten Messerstechereien

Listenplatz 23 für die Europawahl, Andreas Mayer kritisiert im Rahmen des Wahlkampfs für die bayerischen Landtagswahlen die Corona-Politik, behauptet, die Menschen seien eingesperrt worden. Auf seinem Facebook-Account instrumentalisiert er Verbrechen häufiger für seine rechten Narrative, stilisiert Messerstechereien, ebenso wie Kollege Haise, zum eingewanderten Problem, obwohl die Kriminalität in Deutschland seit Jahren auf Rekordniveau gesunken ist und die allermeisten Straftaten von Deutschen verübt werden.

Listenplatz 24 als JA-Mitglied mit identitärem Fachjargon

Michael Schumann belegt Listenplatz 24 für die Europawahl und ist – ebenso wie viele seiner Vorgänger – Mitglied der Jungen Alternative, die wiederum als rechtsextremistischer Verdachtsfall gilt. Zudem bediente er sich genau wie Boßdorf einem identitären Slang, als er mit dem rechtsextremen Schlagwort „Remigration“ forderte.

Listenplatz 26 – ja, schon wieder JA

Alexander Wiesner ist Landesvorsitzender der Jungen Alternative in Sachsen, die im April dieses Jahres vom Verfassungsschutz gesichert rechtsextremistisch eingestuft wurde.

Listenplatz 27 originell unterwegs

Peter Ditges möchte die „Farce in Brüssel beenden“. Was auch immer das konkret heißen soll. Viel mehr ist über den Rechtsanwalt nicht bekannt.

Listenplatz 29 rief mit seinen Aussagen den Verfassungsschutz aufs Programm

Als das Berliner Landesamt für Verfassungsschutz 2019 die Junge Alternative wegen „Anhaltspunkten für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ prüfte, spielte David Christopher Eckert, damaliger Vorsitz der Jungen Alternative in Berlin, eine entscheidende Rolle. Eine von Eckerts Bemerkungen, die im Gutachten des Verfassungsschutzes von 2016 vorkommen, lautet wie folgt: „Deutschlands Straßen verkommen zum Freiluft-Bordell für eingewanderte Vergewaltiger […].“ Nur ein Jahr später brachte er in Zusammenhang mit der Planung eines – längst überfälligen – Denkmals für die in KZs ermordeten lesbischen Frauen den mehr als geschmacklosen Kommentar: „Ob es wohl auch bald eine Gedenkstätte für Linkshänder gibt, die im KZ umgekommen sind?“

Listenplatz 31 wiederholt das Lügen-Narrativ der Messer

Andreas Mrosek schließt sich der einfallslosen und rassistischen Empörung einiger seiner Vorgänger:innen an. Im Februar sorgte er mit einem Beitrag im Amtsblatt der Stadt Dessau-Roßlau für Empörung. Darin schrieb er von „importierten Messermördern“ – und wollte dieses rechte Märchen auch nach berechtigter, hagelnder Kritik nicht zurücknehmen.

Listenplatz 32 als weitere Ausnahme?

Laut einem Stück in der Braunschweiger Zeitung gehörte Mirco Hanker zumindest 2021 der gemäßigten Fraktion der AfD an. Ja, auch wir sind überrascht, dass es noch so etwas geben soll.

Sinkt der Rechtsextremismus mit dem Rang?

Wer sich wundert, wieso da einige Listenplätze fehlen, das war Absicht. Tatsächlich wurden acht Kandidaten ausgelassen, weil entweder nicht viel über sie bekannt ist oder sie im Vergleich zu den aufgelisteten Personen sehr viel weniger fragwürdig scheinen. Dabei handelt es sich um Alexander Sell auf Listenplatz 15, Alexander Heppe auf Listenplatz 20, Sascha Schlösser auf Platz 25, Steffen Beckmann auf Platz 28, Sven Sager auf Platz 30, Arnold Fiz auf der 33, Hannes Ernst auf 34, Peter Würdig auf 35.

Ausnahmslos Männer und beinahe ausnahmslos Kandidaten auf höheren Listenplätzen. Das mag womöglich daran liegen, dass sich auf den niedrigeren Plätzen die unbekannteren Politiker tummeln. Eventuell konzentrieren sich die vergleichsweise gemäßigteren Kandidaten aber auch auf den niedrigeren Rängen, weil diese im Allgemeinen unbeliebter sind – schließlich fehlen ihrem Wahlkampf rechte Verschwörungserzählungen und Spitzen gegen Geflüchtete sowie andere Minderheitengruppen. Die AfD wird schließlich gewählt, eben wegen ihrer verlogenen und menschenverachtenden Politik. Wer mehr darüber wissen will, was das so ist, kann hier einige Zitate lesen – auch von Leuten von dieser Liste:

Artikelbild: Carsten Koall/dpa