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Wie Querdenker (ihre) Kinder instrumentalisieren

von | Feb 5, 2023 | Analyse

Kinder instrumentalisieren. Das Ziel soll es sein, das Gegenüber einzuschüchtern, unter Druck zu setzen und Macht zu symbolisieren. Die Gegenseite wird aus eigenem Interesse darum bemüht sein, dass dem Kind möglichst wenig Schaden zugefügt wird. Daher wird man eher auf Forderungen des „Erpressers“ eingehen – der Verzicht auf eigene berechtigte Ansprüche geschieht immer zum eigenen Nachteil. Doch solche Machtspiele finden nicht nur bei schmutzigen Trennungen statt, bei denen Erwachsene nicht mehr vernünftig miteinander umgehen können. Machtspiele findet man auch immer wieder in der „Querdenker“-Szene. Denn „Querdenker“ nutzen (ihre) Kinder zur Durchsetzung ihrer egoistischen Ziele. Dieses Verhalten zeigen wir anhand von mehreren Beispielen auf:

Mutter durchbricht mit Kinderwagen Polizeikette

So hatte Ende 2021 beispielsweise eine Mutter den mit ihrem Kind besetzten Kinderwagen genutzt, um in Schweinfurt gezielt eine Polizeiabsperrung zu durchbrechen. Sie musste sich dafür vor Gericht verantworten und auch das Jugendamt nahm umgehend Kontakt zu ihr auf. Wir berichteten schon über sie in unserer Serie „Querdenker-Urteile der Woche“:

Zu Beginn der Pandemie wurde in einschlägigen Querdenker-Gruppen auf Telegram immer mal wieder erwähnt, dass man unbedingt Kinder zu den Versammlungen mitnehmen und in die erste Reihe stellen solle. Die Polizei könne dann nichts machen. Und wenn doch? Dann hätte man einen super Aufhänger, um sich über die maßlos eskalierende Polizei zu beschweren, die selbst vor Kindern nicht Halt machen würde. Ihr seht: „Querdenker“ drehen sich das Geschehen immer so, wie es gerade in ihr Weltbild zu passen scheint. Und riskieren dafür auch mal die Gesundheit der Kinder. Also nicht nur durch bewusstes Weglassen von Corona-Schutzmaßnahmen.

Niemand macht sich ernsthaft Gedanken über die Auswirkungen auf die Kinder

Im Übrigen las man nirgendwo in den Gruppen, welche Auswirkungen die Konfrontation einer Einsatzhundertschaft der Polizei mit dem instrumentalisierten Kind hat. Es liegt der Verdacht nahe, dass es ihnen gar nicht um das Wohl der Kinder geht. Sondern nur um das egoistische Durchsetzen ihrer eigenen Meinung – ohne Rücksicht auf irgendwen.

Nicht nur setzt man die Kinder einer für sie unbeherrschbaren Situation aus, auch kann damit ein starker Vertrauensverlust in den Elternteil bzw. die Eltern einhergehen: „Wieso bringen mich Mama/Papa in so eine Situation und beschützen mich nicht?“. Eine zusätzliche Traumatisierung ist ebenfalls möglich. Laut der Deutschen Traumastiftung wird ein Trauma wie folgt definiert:

Ein Trauma (griech.: Wunde) ist ein belastendes Ereignis oder eine Situation, die von der betreffenden Person nicht bewältigt und verarbeitet werden kann. Es ist oft Resultat von Gewalteinwirkung – sowohl physischer wie psychischer Natur. Bildhaft lässt es sich als eine „seelische Verletzung“ verstehen.

Als traumatisierend werden im Allgemeinen belastende Ereignisse wie schwere Unfälle, Erkrankungen und Naturkatastrophen, aber auch Erfahrungen erheblicher psychischer, körperlicher und sexueller Gewalt sowie schwere Verlust- und Vernachlässigungserfahrungen bezeichnet. Sie können tiefe Wunden in der Seele hinterlassen, die einen Menschen das Leben lang beeinträchtigen.
Wie eine körperliche Verletzung Zeit braucht, um zu verheilen, ist auch ein Trauma eine Verletzung der Seele, die ebenfalls Zeit braucht zum Verheilen.

Deutsche Traumatastiftung, abgerufen am 26.01.2023

Noch schlimmer wird es für die Kinder, wenn sie miterleben müssen, wie ihr Vater abgeführt wird. Dies geschah so in Berlin am 01.08.2022:

In dem konkreten Fall wurde der Vater abgeführt, brüllte, dass sein Sohn verloren gegangen wäre und pöbelte rum. Dabei hat er nicht gesehen, dass sein Sohn die ganze Zeit hinter und neben den Einsatzkräften herlief und „Vater! Schrei hier nicht so rum“ rief. Wieso hat dieser Mann sein Kind mitgenommen?

Das Wohl der Kinder? Irgendwie doch kein Thema mehr…

Die Eltern, die sich in der Coronazeit so sehr um die Gesundheit ihrer Kinder sorgten, nehmen ihre Kinder offenbar ohne den kleinsten Funken Sorge mit zu Demonstrationen. Auch wenn diese in der Vergangenheit schon häufiger eskaliert sind. Geht es ihnen etwa gar nicht um die körperliche Unversehrtheit? Was mag so eine erlebte Situation bei den Kindern auslösen? Wieso müssen sich Minderjährige um ihre volljährigen und erwachsenen Eltern sorgen und nicht andersrum? Und sollten Kinder überhaupt mit zu Demonstrationen genommen werden? Mit der Frage hat sich unser Gastautor Florian Winter bereits 2019 beschäftigt – damals im Kontext von linken Demonstrationen:

„Aber denkt doch an die Kinder!!!1“

Ein weiterer wesentlicher Faktor in der wissenschaftsfeindlichen Propaganda der Pandemie-Leugner-Bewegung ist das Instrumentalisieren echten oder vermeintlichen Leids von Kindern für die eigene Agenda. Dazu erfanden sie dreist mehrere Fälle von Kindern, die angeblich „an Masken“ gestorben sein sollen. Dazu wurden manchmal echte, tragische Todesfälle instrumentalisiert, die jedoch nichts mit Masken zu tun hatten. Anstatt wie in ihrer Wahnwelt sich für das Wohl von Kindern einzusetzen, bescherten sie der Familie des verstorbenen Kindes nur Leid durch die Instrumentalisierung des Todes des Kindes mit ihren Lügen.

Querdenker terrorisierten eine Kinderarzt-Praxis, nachdem sie sie buchstäblich verteufelten, weil diese dort Kinder impfte.

Auch gibt es Vorwürfe, dass „Querdenker“ direkt Kinder radikalisieren.

Auch gab es Fälle, in welchem „Querdenker“ Kinder auf dem Schulweg belästigten und filmten für Propaganda-Material.

Andere „Querdenker“ entführten Kinder nach Paraguay, um sie vermeintlich vor den Corona-Maßnahme zu „schützen“.

Hohe Infektionszahlen bei Kindern – der Mythos der „Immunschuld“

Die Kinderkliniken sind derzeit immer noch voll mit Kindern, die an schweren Atemwegserkrankungen wie Covid-19 oder dem RS-Virus leiden. Dies trifft überwiegend Säuglinge und kleine Kinder bis 5 Jahren, die noch nie eine Maske tragen mussten. In der Bielefelder Kinderklinik waren Anfang Januar 10 von 12 Intensivbetten belegt (Punkt 6). Die Kinderarztpraxen sind über dem Limit, Fiebersäfte sind kaum noch lieferbar.

Für „Querdenker“ ist das aber kein Ergebnis von einer hohen Importabhängigkeit von Medikamenten in Folge der Einsparungen und Schließungen von Arzneiunternehmen in Deutschland, sowie Bettenabbau durch Budgetkürzungen an Kliniken und dem sog. #Pflexit. Ganz im Gegenteil: Schuld soll das Tragen von Masken haben, da die Kinder nun unter einer „Immunschuld“ leiden würden. Dieses Märchen geht so: Die Kinder, die nie eine Maske getragen haben, infizieren sich nun leichter wegen der Masken. Oder so, äh, ja. Hier ein Faktencheck zu dem Mythos „Immunschuld“.

Vor allem geben „Querdenker“ damit ja zu, dass Maske tragen das Immunsystem die letzten Jahre demnach ja doch irgendwie sehr gut geschützt hat? Obwohl die neueste Fake News wieder ist, dass Masken keinerlei Auswirkungen gehabt haben sollte, was natürlich auch nicht wahr ist. Und diesem Fake wieder komplett widerspricht. „Querdenker“-Ideologie halt.

Einig sind sich Querdenker dennoch darin, dass das Tragen rein gar nichts gebracht hätte, und wenn doch, dann gefährlich sei. Um das belegen zu können, bezieht man sich dann auch mal auf eine Studie, die gar keine Studie ist. Aber kein Problem: es gibt da ja uns, den Volksverpetzer. Wir haben mal die Hintergründe herausgesucht:

Und so sehr sich die Eltern angeblich immer um ihre Kinder sorgen, so sehr nutzen sie auch gefälschte Maskenatteste um ihre Kinder dann doch wieder zu gefährden. Denn dadurch werden die Kinder einer größeren Virenlast exponiert oder sie lassen ihren Kindern Kochsalzlösungen injizieren, damit diese sich mit ihrem gefälschten Impfpass nicht „verplappern“, wie wir zuletzt bei den Querdenker-Urteilen der Woche berichteten.

Kein Geld für Schulessen – durch unzählige Geldstrafen?

Der „Querdenker“ Thomas Brauner, bekannt als Ex-Busfahrer und zuletzt regelmäßig Gast bei unseren Querdenker-Urteilen der Woche, treibt diese Instrumentalisierung vollends auf die Spitze. Er beschwerte sich auf seinem Telegram-Kanal darüber, dass seine Kinder schon seit längerer Zeit kein Schulessen mehr bekämen.

Mehrfach wurde Brauner schon zu Geldstrafen und Sozialstunden verurteilt, obwohl er kein Geld habe. Nicht „trotz dessen“, sondern obwohl. Grund für die Geldstrafen sind nämlich nicht seine Mittellosigkeit, sondern seine immer wiederkehrenden Straftaten, für die er sich vor Gericht verantworten muss(te). Ob er vor lauter Demotourismus oder aus anderen Gründen „vergessen“ zu haben scheint, das Schulessen seiner Kinder zu zahlen, unklar.

Seit Oktober 2022 das Schulessen nicht mehr gezahlt

Es ist aber offenbar so: seit Oktober 2022 hat er das Schulessen seiner Kinder nicht mehr bezahlt. Schuld ist laut Brauner? Das „Regime“, klar, wer sonst. Auf seinem Telegramkanal beklagt er sich darüber, dass seine Kinder leiden müssten, obwohl er von staatlicher Unterstützung lebe.

Im Video „nutzt“ er den Rant gegen den Staat, um Product Placement für einen Aloe Vera-Drink zu machen. Böse Zungen würden behaupten, dass er das selbst verursachte Leid seiner Kinder bewusst instrumentalisiert, um für sich finanziellen Profit daraus zu schlagen. Finanzieller Profit scheint bei „Querdenkern“ generell ein wichtiger Aspekt zu sein. Eine Oxford-Studie hat gezeigt, dass die meisten Gruppen (85%), die Impf-Fake-News verbreiten, damit Profit machen wollen Und erst vor kurzem erhielt Brauner Sozialstunden statt Geldstrafe, da der Richter nicht wollte, dass er diese durch Spenden finanzieren lässt.

Wer etwas will, findet Wege…

…wer etwas nicht will, findet Gründe. Nachdem Brauner (inzwischen 17x vorbestraft) seinen Job als Busfahrer schnell wieder verloren hatte, war er wohl wieder auf staatliche Leistungen angewiesen.

Das ist nicht schlimm und auch nichts worüber man sich an der Stelle lustig machen müsste. Eine Arbeitslosigkeit kann uns alle treffen. Was jedoch verwerflich ist: Brauner hätte längst einen Antrag auf Leistungen aus Bildung und Teilhabe für seine Kinder stellen können. Dadurch würde das Mittagessen für die Kinder komplett übernommen werden, sie müssten in der Schule nicht hungern und alles wäre gut. Neben dem kostenfreien Mittagessen gäbe es zudem noch zwei mal pro Jahr „Materialgeld“ für Hefte, Stifte & Co., Übernahme von Klassenfahrtkosten, Ausflügen, Sportvereinen und auch Ferienfreizeiten bis zu einem gewissen Betrag. Sowohl Bildung als auch Teilhabe wäre für Kinder gewährleistet, wenn die Eltern sich nur kümmern würden.

Doch anstatt offenbar bisher einfach den einen Antrag zu stellen (- oder dafür von seinen spendenfreudigen Anhängern Geld zu sammeln? Oder die möglichen Einnahmen der angepriesenen Aloe Vera Saft Werbung dafür aufzuwenden? -), dessen Bewilligungszeitraum zwischen sechs Monaten und einem Jahr gilt, hat er offenbar eine eigene Lösung gefunden. Süffisant kündigte er im Video an, nun einfach monatliche Anträge an die Verwaltung zu richten. Womöglich mit dem Ziel, die Behörde dadurch zu belasten. Wenn seine Kinder wirklich in der Schule hungrig sein müssen, dann vermutlich nicht wegen dem „Regime“.

Für die weitere Lektüre möchten wir euch im Übrigen die Broschüre „…und wer denkt an die Kinder? Instrumentalisierung von Kindern in der Pandemieleugner*innenszene“ – herausgegeben von dem Netzwerk bildungsarbeit.org und der Stadt Hamburg – ans Herz legen. Die Broschüre ist hier abrufbar: Link zur Broschüre.

Artikelbild: Screenshot RT Livestream