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Wie du an Weihnachten mit deiner Aluhut-Tante über Corona & Putin sprichst

von | Dez 23, 2022 | Aktuelles

Tu es nicht! Danke für deine Aufmerksamkeit!

Wie immer kannst du uns für unsere Arbeit spen-

Okay, Spaß. Naja, so halb.

Ganz ehrlich: Es ist nicht deine Aufgabe, fehlinformierten oder gar radikalisierten Familienmitglieder grundlegende Fakten beizubringen. Aber natürlich könnte es eben an den Feiertagen passieren, dass der metaphorische Onkel – oder Tante, Eltern, wer auch immer – anstatt das Treffen und die Anwesenheit der Familie zu genießen, weiterhin falsche Panikmache über Impfungen von sich gibt, Verschwörungsmythen verbreitet oder Lügen des imperialistischen Diktators und Kriegsverbrechers Putin weiter verbreitet und den Familienfrieden stört. Wir wünschen das natürlich niemandem und hoffen auf viel Harmonie, aber es kann ja passieren. Was dann tun?

Jetzt mal im Ernst: Diskutiert nicht unterm weihnachtsbaum

Wir beim Anti-Fake-News-Blog Volksverpetzer erklären seit langem die paradoxe Tatsache: Aufklärung und Faktenchecks bringen eigentlich nichts. Zumindest nichts bei denjenigen, die schon ganz tief drin stecken in der Fake-News-Welt. Studien zeigen: Die Faktenchecks werden fast ausschließlich von unserer eigenen „Filterblase“ gelesen – Also allen denjenigen, die die Mythen sowieso nicht glauben und eher nicht darauf hereinfallen. Ich richte den Artikel offensichtlich ja auch an dich, und nicht die Person, die eigentlich die Fake News glaubt.

Also das Überprüfen und Recherchieren von Fakten und Behauptungen ist sinnvoll – sonst wären wir nicht hier – aber nicht so sehr bei denen, die es am bittersten nötig haben. Das zeigen Jahre an Studien – und unsere Erfahrungen (QuelleQuelle). Die Impfgegner, AfD-Wähler & Co. teilen untereinander einen Fake nach dem anderen, bekommen tatsächliche Fakten daher selten mit, wenn sie aber mit Faktenchecks konfrontiert werden, machen sie sofort reflexhaft dicht. Deswegen funktionieren Vorwürfe und „Angriffe“ mit Fakten erst Recht nicht.

Wie gesagt: Ihr müsst euch nicht die Feiertage von Verschwörungserzählungen kaputt machen lassen. Nur weil eure möglicherweise fehlinformierte Verwandtschaft Unsinn über Impfungen oder Putin glaubt, müsst ihr nicht automatisch Expert:innen in dem Thema werden und alles Nachrecherchieren. Dafür habt ihr ja zum Beispiel uns.

Klärt lieber eure Cousins und Cousinen auf

Wenn ihr keine Lust auf Streit und Unmut habt – komplett verständlich – lasst euren metaphorischen Onkel an den Feiertagen links liegen. Oder eben rechts. Nutzt lieber eine ruhige Minute um euren Cousins und Cousinen ein paar Grundlagen zu erklären. Oder andere Verwandte, mit denen man durchaus noch über solche Themen reden kann. Dann neutralisiert ihr vielleicht auch wissenschaftsfeindliches Gepolter oder bietet zumindest auch paar Fakten, mit denen sich die anderen eine fundiertere Meinung bilden können.

Den Onkel oder die Tante erreicht ihr wahrscheinlich sowieso nicht, aber wenn ihr euch an den Kindertisch setzt, habt ihr ein viel unvoreingenommeneres Publikum und denen ein paar zentrale Fakten erklären, ist am Ende viel effektiver und seien wir ehrlich: Angenehmer.

Falls du aber dennoch diskutieren kannst oder willst – man will ja auch nicht alles unkommentiert stehen lassen, geben wir dir Tipps, worauf du achten musst und wie du es am friedlichsten machst. Dafür – und weil du ja auch der Cousine nichts falsches erzählen willst – haben wir dir mal wichtigste Faktenchecks zu Impfungen und der Ukraine als freiwillige Hausaufgabe zusammengestellt.

Zuerst einmal: EIN Paar Fakten

Zuerst teilen wir mal ein paar Faktenchecks und Fakten, die vielleicht unter dem Weihnachtsbaum nützlich sein könnten. Hier Fakten und Faktencheck zu aktuellen Lügen über die Sicherheit der Impfungen.

Die Corona-Impfstoffe wurden vor der Zulassung ausreichend getestet, Impfungen schützen vor schweren Krankheitsverläufen und zu 99 Prozent vor dem Tod durch Covid-19. Allein im Jahr 2021 haben die Impfungen gegen Covid-19 gut 14 Millionen Menschen auf der Welt das Leben gerettet. Für jeden Dollar, der in eine Impfkampagne in New York investiert wurde, hat man sich über 10$ in Gesundheitskosten für die Behandlung von Corona gespart.

Umgekehrt zeigt sich: Lügen über die Impfungen haben zu 60.000 vermeidbaren Toten z.B. in den USA geführtüberproportional viel unter rechten Republikanern. Es gibt keine „Spätfolgen“ bei Impfungen.

Hier wichtige Faktenchecks zu den Lügen von Putin und den Propagandisten in seinem Sinne:

Der Westen versucht die ganze Zeit, mit Putin zu verhandeln:

Sanktionen wirken:

Die meisten der ukrainischen „Nazis“ sind gar keine – und sogar oft Russen.

Putins Propaganda lügt ständig über die Tötungen von Zivilisten.

Eine Analyse und Faktenchecks zu dem vielleicht größten Pro-Putin-Propaganda-Telegramkanal von Alina Lipp:

Und ja, wer AfD wählt oder an Lügen über die Impfungen glaubt, fällt in der Regel auch auf Kriegspropaganda Putins herein.

Auch immer dran denken: Whataboutismen à la „Der Westen hat doch auch…“ oder „Aber die NATO…“ sind oftmals nicht nur falsche Vergleiche oder basieren auf falschen Tatsachenbehauptungen, sie sind letztendlich inhaltsleere Ablenkungen, selbst wenn sie richtige Dinge ansprechen. Sicherlich ebenso verurteilenswerte Taten oder Aussagen von den USA, Bush oder der NATO ändern doch auch nichts daran, dass Putin gerade einen völkerrechtswidrigen Krieg führt und dass für seinen Imperialismus viele Menschen sterben müssen. Nur weil man andere Kriegsverbrecher nicht mag, sollte man doch nicht diesen in Schutz nehmen.

Oh und noch ein paar Fakten: Putin ist einer der reichsten Menschen der Welt, mischt sich weltweit in fremde Staaten ein, kontrolliert Teile der weltweiten Energieproduktion. Er kämpft nicht gegen „geheime Eliten“. Er ist Teil dieser Elite. Es gibt genau eine Person, die diesen Krieg sofort beenden könnte, wenn sie denn möchte: Putin. Wenn er seine Truppen zurückzieht, ist er sofort vorbei. Er ist der einzige, der diesen Krieg will und gestartet hat. Die Ukraine verteidigt sich nur. Die meisten Fakes, die rumgehen, versuchen nur diese Tatsache zu verschleiern.

Ansonsten findest du wie immer auf unserer Seite Fakes und Faktenchecks zu Mythen zu weiteren, aktuellen Themen.

DIE MENTALEN FALLSTRICKE, DIE JEDEN VON UNS IN DIE VERSCHWÖRUNGSWELT ABRUTSCHEN LASSEN KÖNNEN

Okay, jetzt zu den Tipps für die Diskussionen:

Zuerst einmal die Hintergründe, wie man in eine Verschwörungswelt abrutschen kann: Wie kann es sein, dass manche einfach völlig verblendet, besessen und radikal an Lügen festhalten? Dazu muss man zuerst verstehen, wie sich Menschen ein Weltbild bilden. Wer seinen Glauben nicht von Fakten, offiziellen Quellen oder Studien abhängig gemacht hat, der wird von diesen auch nicht vom Gegenteil überzeugt. Wir Menschen beurteilen den Wahrheitsgehalt von Aussagen nicht, indem wir sie auf ihre logische Integrität prüfen, mit Fakten abgleichen oder belegbare Quellen dafür recherchieren. Wir glauben gerne, dass wir das tun. Was wir als erstes machen, ist: Wir überlegen uns, ob diese Aussagen in unser Weltbild passen. Aber das muss ja nicht richtig sein.

Millionen Jahre Evolution haben uns erstaunliche Fähigkeiten gegeben, Dinge wahrzunehmen, unsere Erfahrungen zu verarbeiten, auszudrücken und weiterzuverbreiten. Doch so rational für wie wir uns halten, sind wir keineswegs. Unser Gehirn neigt ständig dazu, geistige „Kurzschlüsse“ zu produzieren, die uns sehr irrational handeln lassen können.

Neurowissenschaftler:innen und Psycholog:innen sprechen von „Kognitiven Verzerrungen“ (cognitive biases). Kurz gesagt sind das Fehler, die unser Gehirn macht, wenn es Folgerungen zieht oder etwas bewerten muss. Normalerweise werden diese hervorgerufen, wenn wir eine neue Situation mit einer früheren emotionalen Erinnerung assoziieren. Diese kognitiven Verzerrungen passieren uns jeden Tag und meistens sind wir uns dessen nicht bewusst. Und tatsächlich liegt dort der Grund, wieso manche Freund:innen oder Familienmitglieder unkritisch irgendwelche Gruselgeschichten über Impfungen glauben oder sich um „Langzeitdaten“ sorgen.

HIER EINIGE WICHTIGE DENKFEHLER, DENEN WIR ZUM OPFER FALLEN:

VERFÜGBARKEITSHEURISTIK (AVAILABILITY HEURISTIC):

Wir überschätzen stets die Informationen, die uns zur Verfügung stehen. Selten geben wir zu, dass wir einfach nicht genug über etwas Bescheid wissen, um uns eine Meinung über etwas zu bilden. Die wenigsten von uns kennen oder sind Virologen oder Epidemie-Experten. Kaum einer liest die neuesten Studien. Klar, deswegen ist es das Beste, sich bei diesen Experten zu informieren. Aber auch Menschen, die das nicht tun, denken, sie hätten alle wichtigen Informationen. Erst recht wenn sie unseriösen Medien oder Pseudo-Experten zuhören, die behaupten, die Desinformationen, die sie streuen, seien die richtigen und wichtigen Informationen (mehr dazu).

MITLÄUFEREFFEKT (BANDWAGON EFFECT):

Ich glaube umso eher etwas, je mehr andere Menschen dies auch glauben. Das sprichwörtliche Herdendenken. Wenn viele Menschen in meinem Bekanntenkreis überzogen vor möglichen Spätfolgen warnen, die wissenschaftlich einfach nicht zu erwarten sind, desto eher nehme ich solche Ansichten ernst und teile sie weiter. Gerade Unentschlossene schließen sich gerne der vermeintlichen Mehrheit an, um nicht als Außenseiter zu gelten. Deshalb tendieren bestimmte soziale Milieus dazu, sich zu homogenisieren.

Dazu kommen noch soziale Mechanismen wie Gruppenzwang. Deswegen ist Gegenrede und Deplatforming außerhalb der Filterblasen wichtig (mehr dazu). Ein Tipp: Wenn ihr sie habt, spannt weitere Familienmitglieder ein, die euch unterstützen. Ist die Schwurbel-Tante in der Minderheit, wird sie eher an ihren Fake News zweifeln.

BESTÄTIGUNGSFEHLER (CONFIRMATION BIAS):

Wir neigen dazu, nur Leuten zuzuhören und Medien zu konsumieren, die unsere eigenen Ansichten bestätigen. An solchen Informationen müssen wir uns nicht reiben oder aufregen. Somit neigen wir dazu, nur Informationen zu erhalten, die unser Weltbild untermauern. Wer ohnehin schon glaubt, dass massiv Menschen an den Impfungen sterben würden, obwohl Studien zeigen, dass Geimpfte statistisch sogar weniger sterben als Ungeimpfte, weil man ständig erfundene Geschichten hört oder Unfälle oder Krebskrankheiten – oder einfach unbekannte Todesursachen – einfach willkürlich zu „Impffolgen“ erklärt, der kriegt nicht mit, wie sicher Impfungen sind – und wie viel sicherer als die Infektion (mehr dazu).

ANKERHEURISTIK (FOCUSING/ANCHORING EFFECT):

Das ist das Überschätzen eines bestimmten Aspekts oder einer einzelnen Information. Wenn man stets nur an einen Teilaspekt oder ein Merkmal denkt, das aber für die Gesamteinschätzung irrelevant ist.

Nehmen wir ein aktuelles Beispiel. Um das Märchen von vielen „Impftoten“ aufrecht zu erhalten – auch wenn die offiziellen Todesstatistiken zeigen: Es gibt abseits von Corona keine größeren Auffälligkeiten an Toden 2021 – hat die AfD zum Beispiel die Krankenkassendaten von allen Personen abgefragt, bei denen 2021 Diagnosen abgerechnet wurden, die laut AfD einen „plötzlichen“ Tod nahelegen – um diesen, ohne Beweise, der Impfung in die Schuhe zu schieben. Dann hat sie verglichen, bei wievielen DIESER Patienten diese Diagnose bereits 2020 abgerechnet wurde. Oh Wunder bei (fast) keinem, die haben also alle in 2020 noch gelebt!

Da es auch einige Abrechnungsfehler gab (weil die Zahlen einfach nicht als Todesstatistik geeignet sind), konnte die AfD so tun, als gab es plötzlich sehr viel mehr Tote 2021 und konnte es auf die Impfung schieben. Und viele haben ihr einfach geglaubt, obwohl die Zahlen zwar offiziell, aber unvollständig, ungeeignet und tatsächlich auch nicht korrigiert waren. Aber die Zahlen hätten genau so gut frei erfunden sein können.

Wenn also jemand mit irgendeiner Zahl oder einer (vermeintlichen) Tatsache daherkommt, fokussiert euch nicht auf die, sondern kontert mit den Infos und Studien, die diese Person verschweigt und die die Zahl in den Kontext setzt.

DOCH WIE IST JETZT EIN DIALOG MÖGLICH?

Kommen wir zurück zu euren Weihnachtsfeiern. Wenn ihr an den Feiertagen Verschwörungsmythen, Desinformation und den Fake News rund um Putin und Impfungen etwas dagegen halten wollt – und ihr müsst nicht, wohlgemerkt – müsst ihr folgendes beachten:

„Man muss ihre Sorgen ernst nehmen.“ Klingt erstmal seltsam, aber da ist leider etwas dran. Die meisten Menschen sind verunsichert. Eine derartige Krise haben die meisten von uns noch nie erlebt. Man macht sich Sorgen: Impfquoten, Impfdurchbrüche, Intensivstationen. Man möchte „Insider-Infos“ teilen, um Menschen zu warnen und sich sicherer fühlen. Deshalb ist es wichtig, alle Menschen, die auch den größten Unsinn teilen, wie gleichwertige Diskussionspartner zu behandeln und sie nicht lächerlich zu machen. Am besten sprichst du sie auch nicht öffentlich an, damit es nicht peinlich für sie wird.

Wenn sich die Menschen (öffentlich) angegriffen fühlen, neigen sie eher dazu, abzuwehren und ihren Stolz zu verteidigen. Diese Menschen sind auch nicht „dumm“, wenn sie so etwas sagen. Beleidigungen und Herablassung zerstören jede Möglichkeit, diese Menschen zu überzeugen und treiben sie im Gegenteil noch tiefer in ihre Überzeugung. Überlegt man sich: Würde man auch jemanden ernst nehmen, der einen zu Beginn der „Diskussion“ erst einmal beleidigt? Ich nicht.

TATSÄCHLICH MÜSST IHR IN DIE DISKUSSION HINEIN GEHEN UND BEREIT SEIN, ZUZUGEBEN, AUCH MAL FALSCHZULIEGEN

Das klingt seltsam, aber wenn beide Seiten eine Diskussion anfangen und keine unter keinen Umständen von vornherein bereit ist, ihre Meinung zu revidieren, ist das doch völlig sinnlos. Dann dient die Auseinandersetzung nur noch dazu, sich argumentativ zu profilieren und die Fronten zu verhärten. Und nur weil ihr bereit sein solltet, zuzugeben, dass ihr ganz oder teilweise falschliegen könntet, heißt das natürlich nicht, dass ihr eure Ansichten über Bord werfen werdet – nur wenn es gute Argumente dagegen gibt. Ihr müsst euch nur darauf gefasst machen, dass (in welcher Diskussion auch immer) gute Argumente kommen könnten.

Und ihr solltet euch vorher überlegen, wie ihr damit umgehen werdet. Falls deine Person allerdings wirklich völlig im Sumpf untergegangen ist und ganz extrem drauf ist, lohnt sich vielleicht eher der Kontaktabbruch mit deutlichen Worten, warum. Das Ausgeschlossenwerden kann mehr zum Nachdenken anregen als ein sinnloses Anschreien.

DAS SIND DIE HÜRDEN, DIE EINEM UMDENKEN IM WEG STEHEN

  • Ob eine neue Information akzeptiert wird oder nicht, hängt vor allem zuerst davon ab, ob sie sich für uns „wahr“ anfühlt. Etwas fühlt sich wahr an, wenn man sich nicht geistig anstrengen muss, um es zu verstehen und wenn es sich gut anfühlt, es zu glauben. Es muss vertraut sein und es muss unseren Überzeugungen entsprechen (Bestätigungsfehler, confirmation bias). Deshalb ist es wichtig, etwas in Worten zu formulieren, die deinem Gegenüber vertraut klingen und Autoritäten zu zitieren, die dieser akzeptiert. (Pro-Tipp: Wenn du auf Volksverpetzer-Recherchen zurückgreifst, zitiere ruhig unsere Quellen oder kopiere unsere Aussagen, ohne zu sagen, woher du das hast!)
  • Die Meinungen und Einstellungen eines Menschen gehören zu seiner Persönlichkeit dazu. Stellst du diese infrage, stellst du die gesamte Person infrage. Das ist auch der Grund, warum ein Mensch um jeden Preis sein positives Selbstbild aufrecht erhalten möchte – und damit auch Dinge, die er oder sie geteilt hat. Es fällt leichter, sich die Wahrheit zurechtzubiegen und unsinnige Dinge zu glauben, als sich einzugestehen, dass man lange Zeit viel Energie hineingesteckt hat, einem Irrglauben zu folgen. Deswegen versuch die Falschinformation von deinem Gegenüber zu trennen. Nicht „deine Behauptung“, sondern eine Behauptung von dritten, auf die „du hereingefallen bist“ zum Beispiel.

DIE WICHTIGSTEN DINGE, DIE DU BEACHTEN MUSST, WENN DU STARRKÖPFE ÜBERZEUGEN WILLST

1. FÜHRE DAS GESPRÄCH PERSÖNLICH.

Wie gesagt, führe solche Gespräche nicht online oder öffentlich. Bei Freunden oder Verwandten ist es sinnvoll, sie erst unter zwei Augen anzusprechen. So vermeidet man, sie öffentlich bloßzustellen. Die Hürden sind niedriger, dass sie ihre Fehler eingestehen. Dabei stets betonen, was man gemeinsam hat. Was einen verbindet und betonen, dass die Informiertheit und Position zu Impfungen nur ein kleiner Teil ist, der euch unterscheidet. Weist auf etwas hin, wo ihr euch super versteht, bevor du das Gegenargumentieren anfängst.

Sollte das scheitern oder sinnlos sein, ist hingegen die (sachliche und freundliche) Aufklärung am besten, damit die anderen, die mithören, sehen, dass du die Fakten und die Beweise auf deiner Seite hast.

2. WIEDERHOLE NIE DEN MYTHOS!

Sobald das Gespräch vorbei ist, werden die Menschen wieder zu ihrer gewohnten Regel zurückkehren, dass schon das stimmen wird, was sich richtig anfühlt. Und wenn du den Falschglauben wiederholst, ist lediglich dieser das, was in der Erinnerung zurückbleibt. Also formuliere keine Nicht-Sätze! Statt: Man wird durch die Impfung nicht steril, sagt lieber: Nach der Impfung bleiben alle fruchtbar (mehr dazu). Nutze dazu zum Beispiel die obere Liste an Fakten. Vermeide, dass dein Gegenüber eine Fake News nach der anderen aufzählt (gish galopp), die du widerlegen musst. Gehe nicht auf Ablenkungen, moving the goalpost und Whataboutismen ein. Kontere lieber mit der Liste der Fakten von oben. Soll dein Impfskeptiker-Onkel mal versuchen, diese Studien zu widerlegen – und bitte nicht mit einem Youtube-Video.

3. ZU VIELE ARGUMENTE KÖNNEN SOGAR SCHADEN.

Je „leichter“ und einfacher „verfügbar“ ein Argument ist, desto „wahrer“ fühlt es sich an. Menschen glauben leichter einfache Zusammenhänge. Eine große Zahl und komplexe Argumentationen nehmen einer Position ihre Einfachheit und damit ihre Glaubwürdigkeit, je mehr man sich geistig anstrengen muss. Auch schaden schlechte Argumente der Position! Lieber zwei gute Argumente auflisten, als eine unüberschaubare Menge, unter denen möglicherweise sogar eines ist, das man angreifen kann. Man fokussiert sich dann nur noch auf das schlechte Argument und die gesamte Position wird verzerrt. Teile dir deine Fakten gut ein.

4. KURZE, EINFACHE SÄTZE SIND EINDRINGLICHER UND VERTRAUTER.

Slogans und einprägsame Kampfbegriffe verleihen Glaubwürdigkeit. Auch führt eine leichte Sprache dazu, dass es mehr Menschen zugänglich wird. Wird etwas verstanden, löst das positive Gefühle aus. Du wirst tatsächlich für intelligenter und kompetenter gehalten, wenn du dich simpel ausdrückt. Außerdem sollte man bestimmte ideologische „Buzzwords“ vermeiden, die beim / bei der Gesprächspartner Reaktionen triggern könnten. Werft nicht mit Schlagworten um euch, erwähnt vielleicht auch uns nicht beim Namen, sondern „klaut“ einfach unsere Quellensammlung. Nehmt einfache Beispiele.

Falls dein Gegenüber mit einer Welle an Behauptungen kommt, versuche sie nicht (nur) zu widerlegen, sondern stelle einfach kritische Fragen: Wer würde denn davon profitieren? Wäre das nicht längst schon aufgefallen? Ist das überhaupt logisch? Was ist mit anderen Tatsachen? Wurde nicht früher etwas anderes behauptet? Lass dein Gegenüber selbst über die Lücken und Widersprüche stolpern.

5. VERMEIDE (ZU VIELE) STATISTIKEN UND SEI STETS FREUNDLICH.

Menschen schalten bei Zahlen und Fakten schnell ab und können sie sich sowieso nicht merken. Erzähle lieber eine gute Geschichte und von beispielhaften Einzelfällen, als das Gegenüber mit Links von Statistiken und Auswertungen zuzumüllen – Die Mythen, die sie glauben, basieren auch in seltensten Fällen auf Statistiken oder komplexen Zahlenrechnungen. Manchmal ist das allerdings auch sinnvoll, wenn du Statistiken kontern musst. Die Menge an Zahlen kann auch Außenstehende beeindrucken.

Du solltest deinen Gesprächspartner immer freundlich behandeln und sogar loben (wenn es angebracht ist natürlich), wenn du etwas argumentativ erreichen willst. Nie herablassend sein und Kritik behutsam unterbringen. Kritik von außen wird als Bedrohung wahrgenommen und verleitet dazu, die eigenen Standpunkte zu verteidigen, selbst wenn man sie selbst ganz oder Teile davon nicht völlig überzeugend findet.

ABER DAS ALLES MUSS AUCH GRENZEN HABEN

Du musst dich nicht beleidigen lassen, du musst Menschen, die diskriminierende Einstellungen haben, die Gewalt gegen Andersdenkende gutheißen oder entschuldigen, Rassismus, Antisemitismus oder Volksverhetzung verbreiten, nicht mit Samthandschuhen anfassen. So etwas überschreitet die Grenze der Meinungsfreiheit und schadet aktiv anderen Menschen und verletzt die Menschenwürde. Hass ist keine Meinung. Fake News sind keine Meinung. Wenn nichts mehr geht, dürft ihr auch deutliche Worte verwenden. Das mag im Moment kein Umdenken hervorrufen – aber wenn es ein enger Freund oder Verwandter ist, gibt es dem Fake-Gläubigen später zu grübeln. Deutliche Worte aus dem engsten Kreis verhindern vielleicht zumindest eine weitere Radikalisierung – die findet vor allem statt, wenn man immer weiter im Wahn bestärkt wird. Ansonsten: Immer ruhig bleiben, bei Allgemeinsätzen nach konkreten Beispielen fragen, auf fragwürdige Quellen und Widersprüche hinweisen!

Wenn euch die Konfrontation schmerzt oder zu schwierig ist, lasst es auch. Vermeidet das Thema ruhig, legt euch selbst auf der Weihnachtsfeier ein Moratorium auf, wenn möglich. Ihr seid nicht verantwortlich für eure Angehörigen. Ihr könnt vielleicht so einen positiven Beitrag leisten, aber ihr müsst es auch nicht tun. Die letzten Jahre waren und sind hart, vielleicht hat die Pandemie euch auf die eine oder andere Art einen Menschen gekostet, vielleicht ist wegen Inflation und Energiekrise das Geld knapp. Ihr dürft auch abschalten und die Zeit im (kleinen am besten) Kreis mit eurer Familie genießen, wenn ihr das wollt.

Es ist nicht euer Job, Fake News aufzuklären. Sondern unserer. Und damit machen wir im neuen Jahr auch wieder weiter – dank eurer Unterstützung. Wir wünschen euch erholsame Feiertage! Bleibt gesund, boostert euch, teilt Faktenchecks und geht wählen. Wir lesen uns im nächsten Jahr wieder im Kampf für einen faktenbasierten Diskurs.

Artikelbild: BearFotos